Langflossen-Riffbarsche betreiben „Algenfarmen“, die sie vehement gegen Eindringlinge verteidigen. Allerdings akzeptieren sie winzige Garnelen als Untermieter. Diese finden laut einer aktuellen Studie auf den Farmen Schutz – und sorgen im Gegenzug mit ihren Exkrementen für Dünger.
Einige Riffbarscharten betätigen sich landwirtschaftlich und schaffen sich so eine Nahrungsgrundlage: Sie pflegen und verteidigen sogenannte „Algenfarmen“. Langflossen-Riffbarsche1 (Stegastes diencaeus) akzeptieren dort allerdings winzige Garnelen der Art Mysidium integrum als Untermieter. Das Arrangement nutzt einer aktuellen Studie zufolge beiden Parteien: Die Garnelen liefern mit ihren Exkrementen Dünger und die Fische beschützen sie im Gegenzug vor Fressfeinden.
1Für diese Art hat sich noch kein deutscher Name etabliert. Die Bezeichnung ist an den englischen Namen „longfin damselfish“ angelehnt.
Duftstoffe von Langflossen-Riffbarschen ziehen Garnelen an
Ein Team um Rohan Brooker und William Feeney untersuchte die Beziehung zwischen Riffbarschen und Garnelen an einem Riff vor der Küste Belizes. Zunächst ließen die Forscher*innen die Garnelen in einer komplexen Apparatur zwischen zwei Behältern mit Meerwasser wählen. Einer der Behälter enthielt Geruchsstoffe von Langflossen-Riffbarschen. Das Ergebnis: Die Garnelen bevorzugten deutlich das nach den Riffbarschen riechende Wasser gegenüber dem neutralen Meerwasser. Bei vergleichbaren Versuchen mit Geruchsstoffen von Algen oder von Riffbarschen, die sich nicht intensiv als Farmer betätigen, zeigten die Krebstiere keinerlei Präferenz für einen der Behälter. Das spricht dafür, dass sich die Garnelen speziell von den Langflossen-Riffbarschen angezogen fühlen.
Algenfarmen bieten Garnelen Schutz
Die Garnelen selbst ernähren sich nicht von Algen, sondern von winzigen Schwebeteilchen im Wasser. Warum also siedeln sie sich überhaupt in den Farmen der Riffbarsche an? Die Wissenschaftler*innen vermuteten, dass die Tiere dort weniger Angriffe durch Fische befürchten müssen, da diese von den Riffbarschen abgewehrt werden.
Um ihre Hypothese zu überprüfen, setzten die Forscher*innen wiederholt jeweils 150 Garnelen in eine durchsichtige, wassergefüllte Plastiktüte und platzierten diese entweder innerhalb oder außerhalb einer Algenfarm. Das Ergebnis bestätigte die Vermutung: Befand sich die Tüte innerhalb einer Farm, wurde sie erheblich seltener von anderen Riffbewohnern attackiert.
Auch die Riffbarsche profitieren
Die Garnelen sind also durch die Nähe zu den Langflossen-Riffbarschen offenbar besser vor Feinden geschützt. Aber wie reagieren die Fische auf ihre Untermieter? Für gewöhnlich verteidigen sie ihre Algenfarmen vehement gegen jegliche Eindringlinge. Die Wissenschaftler*innen beobachteten allerdings so gut wie nie, dass ein Langflossen-Riffbarsch nach den Garnelen schnappte. Und das, obwohl die kleinen Krebstiere den Farmern sogar mehr Arbeit machten: Riffbarsche mit Untermietern mussten häufiger andere Fische verjagen, die wohl von den Garnelen angezogen wurden.
Die Forscher*innen vermuten, dass die Riffbarsche derart gastfreundlich sind, weil die Exkremente der Garnelen exzellenten Dünger für die Algen darstellen. Sie beobachteten auf Farmen mit Untermietern einen deutlich stärkeren Bewuchs durch große, fleischige Algenarten. Deren Oberfläche wiederum bietet viel Platz für kleinere Algen, von denen die Riffbarsche sich besonders gern ernähren. Tatsächlich waren Fische mit Untermietern im Schnitt in einer besseren körperlichen Verfassung – und das lag nicht an einer Vorliebe der Garnelen für „fittere“ Fische, wie das Team durch ein weiteres Wahlexperiment sicherstellte.
Fazit
Die Ergebnisse der Studie enthüllen ein beeindruckendes Zusammenspiel: Die kleinen Krebstiere besiedeln die Algenfarmen der Fische, weil sie dort weniger Angriffe durch Fressfeinde zu fürchten haben. Die Fische wiederum haben dadurch zwar etwas mehr Arbeit – profitieren aber davon, dass die Garnelen ihre Algen düngen. Es handelt sich also um einen Mutualismus: Eine Interaktion zwischen zwei Arten, die beiden Seiten einen Vorteil bringt.
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