Graupapageien halfen in einem Experiment Artgenossen, eine Futterbelohnung zu erhalten – ohne, dass sie selbst dafür belohnt wurden. Es ist das erste Mal, dass ein solches Verhalten bei einer Vogelart nachgewiesen wurde.
Ein Tier verhilft einem Artgenossen zuverlässig und völlig uneigennützig zu einer Futterbelohnung – bisher kannte man das nur aus Experimenten mit Primaten. In einer Studie wiesen die Forscherinnen Désirée Brucks und Auguste von Bayern dieses Verhalten nun auch bei einer Vogelart nach. Wie genau sah der zugrundeliegende Versuch aus?
Das Experiment
Zunächst lernten Graupapageien (Psittacus erithacus), Metallringe gegen eine Belohnung einzutauschen. Sie saßen dabei jeweils einzeln in einem Versuchsabteil aus transparentem Plexiglas. Durch ein Loch in der Frontseite ihres Abteils konnten sie einen Ring an die Experimentatorin übergeben, woraufhin diese ihnen ein Stück Walnuss gab.
Neben dem Versuchsabteil jedes Papageis gab es ein Nachbarabteil. In dieses setzten die Forscherinnen für den eigentlichen Versuch einen Artgenossen. Der entscheidende Kniff: Die Papageien im Versuchsabteil hatten Metallringe zur Verfügung, aber die Öffnung zur Experimentatorin war verschlossen. Bei den Artgenossen im Nachbarabteil wiederum war zwar der Zugang zur Experimentatorin frei – aber dafür hatten sie keine Metallringe. Allerdings gab es in der Trennwand zwischen den Abteilen eine Öffnung. Und tatsächlich: Die Graupapageien mit den Metallringen übergaben diese spontan und bereitwillig durch die Öffnung an die ringlosen Artgenossen, die sie dann gegen eine Belohnung eintauschen konnten. Die Hilfsbereitschaft war dabei besonders groß, wenn eine soziale Beziehung zwischen den Vögeln bestand.
Wichtige Kontrollbedingungen
Aber könnte es nicht sein, dass die Papageien einfach Spaß daran hatten, die Metallringe zu übergeben, egal an wen? Vor allem, da damit zuvor oft eine Belohnung verbunden gewesen war? Um diese Möglichkeit auszuschließen, gab es während des Versuchs eine Kontrollbedingung, in der bei beiden Vögeln die Öffnung zur Experimentatorin verschlossen war. Und siehe da: es wurden deutlich weniger Ringe an den Artgenossen übergeben.
Aber was, wenn die Vögel ihre Metallringe bloß möglichst nah zur Experimentatorin hinter der Öffnung im anderen Abteil bewegen wollten? Auch dafür kontrollierten die Forscherinnen: In einer weiteren Kontrollbedingung war der Zugang zur Experimentatorin im Nachbarabteil frei, allerdings befand sich darin kein Papagei. Auch in dieser Bedingung beförderten die Tiere mit den Ringen erheblich weniger davon ins Nachbarabteil.
Dank dieser beiden Kontrollen lassen sich zwei Alternativ-Erklärungen überzeugend ausschließen. Die Graupapageien scheinen also tatsächlich die Metallringe an ihre Artgenossen übergeben zu haben, damit diese sie gegen Belohnungen eintauschen konnten.
Blaukopfaras helfen nicht
Mit dem gleichen Versuchsaufbau wurde in dieser Studie eine weitere Papageienart untersucht: der Blaukopf- oder auch Gebirgsara (Primolius couloni). Interessanterweise war der Ausgang des Experiments ebenso eindeutig wie bei den Graupapageien, das Ergebnis allerdings ein anderes – Blaukopfaras halfen ihren Artgenossen nicht. Woran genau das liegt, lässt sich nicht sicher sagen. Die Forscherinnen vermuten einen Zusammenhang mit Unterschieden in der sozialen Organisation der Tiere. Interessanterweise fand auch eine etwas ältere Studie an Menschenaffen mit ganz ähnlichem Aufbau deutliche Unterschiede zwischen den untersuchten Arten: Orang-Utans und Bonobos halfen ihren Artgenossen, Schimpansen und Gorillas hingegen nicht.
Fazit
Die Studie zeigt auf beeindruckende Weise, zu welchen Leistungen Vögel fähig sind. Gleichzeitig macht sie aber einmal mehr deutlich, dass ein Ergebnis nicht einfach von einer Art auf andere Arten derselben Tiergruppe übertragen werden kann. Auch recht nahverwandte Arten können sich bezüglich ihres Sozialverhaltens und ihrer Denkleistungen erheblich unterscheiden – abhängig von ihrer Lebensweise und ihrer evolutionären Geschichte.
Zur Fach-Publikation:
Brucks, D. & von Bayern, A. M. P. (2020): Parrots voluntarily help each other to obtain food rewards. Current Biology 30: 1-6.
Weitere Literatur:
Pelé, M.; Dufour, V.; Thierry, B. & Call, J. (2009): Token transfers among great apes (Gorilla gorilla, Pongo pygmaeus, Pan paniscus, and Pan troglodytes): species differences, gestural requests, and reciprocal exchange. Journal of Comparative Psychology 123: 375-384.
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