Hör mal, wer da zwitschert: Inzuchtvermeidung bei Schwanzmeisen

Eine aktuelle Studie zeigt: Schwanzmeisen vermeiden die Verpaarung mit nahen Verwandten – obwohl sie mit ihnen oftmals in direkter Nachbarschaft leben. Die Ergebnisse der Untersuchung legen nahe, dass die Vögel eng verwandte Artgenossen an ihren Rufen erkennen.

von Niklas Kästner

Schwanzmeisen erkennen nahe Verwandte
Schwanzmeisen erkennen ihre nahen Verwandten (Foto: Michael Kuhmann, LoychtBild)

Wenn Schwanzmeisen (Aegithalos caudatus) erwachsen werden, lassen sie sich meist nicht allzu weit entfernt vom Revier ihrer Eltern nieder. So sind die Meisen in einem Brutgebiet häufig mit vielen ihrer Nachbarn nah verwandt. Die große Nähe zwischen Verwandten beider Geschlechter birgt allerdings die Gefahr von Inzucht – und die hat negative Auswirkungen auf den Fortpflanzungserfolg.

Die Studie

Ein Team um die Wissenschaftler*innen Amy Leedale und Ben Hatchwell analysierte Daten einer Schwanzmeisenpopulation in Großbritannien, die im Verlauf von 23 Jahren gesammelt wurden. Dabei fiel auf: Die Tiere hatten sich wesentlich seltener mit Verwandten verpaart, als es bei einer zufälligen Verpaarung zu erwarten gewesen wäre. Sie schienen Inzucht also aktiv zu vermeiden. Weitere Analysen ergaben, dass dies vor allem für Verwandte ersten Grades galt, also Geschwister, Eltern und direkte Nachkommen.

Dieses Ergebnis legt nahe, dass die Vögel ihre Verwandte ersten Grades von den anderen Vögeln im Brutgebiet unterscheiden können. Wie gelingt ihnen das? Die Forscher*innen vermuten, dass die Stimme der Meisen eine entscheidende Rolle spielt.

Um dieser Vermutung nachzugehen, untersuchte das Team die charakteristischen Kontaktrufe der Schwanzmeisen. Das Ergebnis: Diese waren bei Verwandten ersten Grades sehr viel ähnlicher als bei Verwandten zweiten Grades oder nicht verwandten Vögeln. Würden die Meisen bei der Verpaarung bevorzugt Partner mit Rufen wählen, die den eigenen Rufen nicht zu stark ähneln, könnten sie also das Inzuchtrisiko senken.

Fazit

Die Studie zeigt klar, dass Schwanzmeisen die Verpaarung mit eng verwandten Artgenossen vermeiden. Wie genau das den Vögeln gelingt, konnten die Forscher*innen zwar nicht eindeutig nachweisen. Die Erklärung, dass sie sich dabei an den Rufen orientieren, erscheint jedoch plausibel. 


Zur Fach-Publikation:
Leedale, A. E.; Simeoni, M.; Sharp, S. P.; Green, J. P.; Slate, J.; Lachlan, R. F.; Robinson, E. J. H. & Hatchwell, B. J. (2020): Cost, risk, and avoidance of inbreeding in a cooperatively breeding bird. Proceedings of the National Academy of Sciences USA.

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