„Wechseljahre“ bei Schimpansen: Auch unsere nächsten Verwandten durchlaufen eine Menopause

Eine Menopause war bislang nur beim Menschen und bei einigen Walarten bekannt. Nun haben Forschende sie erstmals bei Schimpansen nachgewiesen: Weibchen einer Gruppe in Uganda leben teils noch viele Jahre, nachdem sie sich letztmalig fortgepflanzt haben.

von Niklas Kästner

Ein Ngogo-Weibchen jenseits der Menopause mit ihrem erwachsenen Sohn im Kibale-Nationalpark in Uganda (Foto: Kevin Langergraber, Arizona State University)

Bislang ging man davon aus, dass Schimpansen keine Menopause durchlaufen. Den Ergebnissen einer aktuellen Studie zufolge liegen die Dinge bei den Schimpansen der Ngogo-Gruppe im ugandischen Kibale-Nationalpark allerdings anders: Eine seit 1995 laufende Langzeituntersuchung lässt darauf schließen, dass viele Weibchen dort noch lange leben, nachdem sie ihren letzten Nachwuchs bekommen haben.

Demografische Daten und Hormonuntersuchungen

Im Rahmen der Studie stellten die Forschenden um Brian Wood und Kevin Langergraber zunächst fest: Wie die Weibchen in anderen bisher untersuchten Schimpansen-Gemeinschaften, bekamen die Ngogo-Weibchen ab einem Alter von 30 Jahren immer seltener Jungtiere – und ab einem Alter von 50 Jahren gar keine mehr. Interessanterweise zeigten Urinuntersuchungen, dass die hormonellen Veränderungen bei den älteren Weibchen verblüffend denen ähnelten, die bei Frauen während der Wechseljahre stattfinden.

Während die Weibchen aus anderen Populationen jedoch meist nicht wesentlich älter als 50 wurden und sich demzufolge bis zu ihrem Tod fortpflanzten, galt das nicht für die Weibchen der Ngogo-Gruppe: Sie lebten teils noch über fünfzehn Jahre, nachdem sie aufgehört hatten, Jungtiere zu gebären. Tatsächlich zeigte sich, dass die Phase nach der Menopause im Durchschnitt fast zwanzig Prozent ihres Lebens nach dem Einsetzen der Geschlechtsreife mit etwa 14 Jahren ausmachte.

Fazit

Im Gegensatz zu den Schimpansen in anderen Gebieten durchleben die Ngogo-Weibchen also offenbar nach einer Menopause eine recht lange Phase, in der sie sich mehr fortpflanzen – ein Phänomen, dass man außer von Menschen bislang nur von einigen Zahlwalen kannte. Wie lässt sich erklären, dass sich die Ngogo-Schimpansen diesbezüglich so stark von ihren Artgenossen unterscheiden?

Im Lebensraum der Tiere herrschen derzeit äußerst günstige Bedingungen: Zum einen leben dort keine Leoparden, zum anderen ist das Nahrungsangebot überdurchschnittlich gut. Das könnte ein Grund für die vergleichsweise hohe Lebenserwartung sein.

Unklar ist allerdings, ob die Ngogo-Schimpansen außergewöhnlich lange leben – oder die Tiere in den anderen untersuchten Gebieten außergewöhnlich kurz. Denn die übrigen Regionen, in denen Schimpansen leben, sind in den letzten hundert Jahren wesentlich stärker von Abholzung durch Menschen betroffen worden, wodurch sich die Lebensbedingungen für die Tiere dort stark verändert haben dürften. Ob das Erleben einer Zeit nach den „Wechseljahren“ in der evolutionären Geschichte der Schimpansen eher die Regel oder die Ausnahme war, lässt sich daher vorerst leider nicht sagen.


Zur Fach-Publikation:
Wood, B. M.; Negrey, J. D.; Brown, J. L.; Deschner, T.; Emery Thompson, M.; Gunter, S. (…) & Langergraber, K. E. (2023): Demographic and hormonal evidence for menopause in wild chimpanzees. Science.

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