Am seidenen Faden: Springspinnen lassen sich nachts hängen

Viele Springspinnen verbringen die Nacht in einem Unterschlupf. Die Tiere einer europäischen Art bevorzugen einer aktuellen Studie zufolge hingegen ein anderes Nachtlager: Sie hängen sich an einem wenige Zentimeter langen Seidenfaden auf.

von Niklas Kästner

Eine Springspinne der Art Evarcha arcuata
Eine Springspinne der Art Evarcha arcuata (Foto: Daniela Rößler, zugeschnitten)

Viele tagaktive Springspinnen ziehen sich nachts in einen aus Seide gewobenen Unterschlupf zurück. Die europäische Art Evarcha arcuata geht laut einer aktuellen Studie allerdings meist anders vor: Sie seilt sich ein Stück von der Vegetation ab – und verbringt die Nachtruhe hängend.

Die Studie

Ein Forschungsteam um Daniela Rößler und Paul Shamble beobachtete das auffällige Verhalten der Spinnen in einem Untersuchungsgebiet in Trier: Von 152 Individuen, die sie nachts aufspürten, hingen 146 an einem wenige Zentimeter langen seidenen Faden – im Schnitt rund 23 Zentimeter über dem Boden. Berührten die Wissenschaftler*innen den Seidenfaden, ließen sich die Spinnen umgehend fallen.

In dieser Position trafen die Forschenden die Springspinnen nachts meist an
In dieser Position trafen die Forschenden die Springspinnen nachts meist an (Foto: Daniela Rößler)

Im Labor konnte das Team die ungewöhnliche Ruheposition der Springspinnen anschließend genauer studierenden, denn auch dort hängten sich einige Tiere nach dem Dunkelwerden auf. Dabei stellten die Wissenschaftler*innen folgendes Muster fest: Zunächst verankerten die Spinnen ihre Seide an mehreren Punkten, dann seilten sie sich ab. Hatten sie ihre endgültige Position erreicht, hielten sie mit einem Bein den Seidenfaden fest – und legten die übrigen eng an den Körper.

Eine Springspinne lässt sich hängen (Video: Rößler et al. 2021, Lizenz: CC BY 4.0, gekürzt)

Fazit

Die Forschenden vermuten, dass die Springspinnen sich mit ihrer „Aufhängung“ vor Fressfeinden schützen. Am Faden hängend sind sie für größere Spinnen oder Insekten wahrscheinlich schwer zu erreichen. Zudem könnte ihnen der Seidenfaden erlauben, etwaige Bedrohungen anhand feinster Vibrationen frühzeitig zu erkennen.

Beide Hypothesen erscheinen plausibel – ob sie wirklich zutreffen, gilt es in Folgestudien näher zu untersuchen. Mit der detaillierten Beschreibung des Verhaltens der Spinnen haben die Wissenschaftler*innen dafür einen hervorragenden Ausgangspunkt geschaffen.


Zur Fach-Publikation:
Rößler, D. C.; De Agrò, M.; Biundo, E. & Shamble, P. S. (2021): Hanging by a thread: unusual nocturnal resting behaviour in a jumping spider. Frontiers in Zoology 18: 23.

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