Die Larven einer eingeschleppten parasitären Fliegenart führen bei Darwinfinken zu einer hohen Sterblichkeit der Nestlinge. Eine aktuelle Untersuchung an Kleinen Baumfinken zeigt: Unter diesen widrigen Bedingungen sind ältere Männchen erfolgreicher bei der Jungenaufzucht als jüngere.
Die auf den Galápagos-Inseln beheimateten Darwinfinken sind seit einigen Jahren einer ernsten Bedrohung ausgesetzt: Dem Befall durch die vermutlich vom Menschen eingeschleppte parasitäre Fliege Philornis downsi. Das Insekt legt seine Eier in Vogelnester und die daraus schlüpfenden Larven ernähren sich von Blut und Gewebe der Nestlinge. Nicht selten hat das den Tod der Jungvögel zufolge.
Eine der von diesem Problem betroffenen Arten ist der Kleine Baumfink (auch Zwergdarwinfink, Camarhynchus parvulus). Fast 60 Prozent der toten Nestlinge dieser Art gingen bei einer Studie aus dem Jahr 2014 auf das Konto der Larven. Für Weibchen könnte es sich unter diesen Bedingungen lohnen, bei der Partnerwahl auf das Alter ihrer Verehrer zu achten: Eine aktuelle Untersuchung zeigt, dass ältere Väter unter diesen Bedingungen mehr Jungvögel durchbringen als jüngere.
Die Studie
Ein Forschungsteam um die Wissenschaftler*innen Christian Wappl, Arno Cimadom und Sabine Tebbich hat für die Studie über mehrere Jahre Kleine Baumfinken auf einer der Galápagos-Inseln beobachtet. Die Forscher*innen bestimmten den Bruterfolg von Finkenpaaren in insgesamt vier Brutsaisons und überprüften, ob dabei das Alter der Männchen eine Rolle spielte. Praktisch für die Untersuchung: Bei männlichen Kleinen Baumfinken ändert sich mit jeder Mauser die Färbung des Gefieders am Kopf zunehmend von braun zu schwarz. So lässt sich das Alter relativ genau durch bloße Beobachtung bestimmen.
Das Ergebnis der Untersuchung: Männchen, die drei Jahre oder älter waren, hatten einen deutlich höheren Bruterfolg als jüngere. Interessanterweise lag das nicht an einer unterschiedlichen Gelegegröße – die war bei beiden Altersklassen gleich. Daraus lässt sich schließen, dass bei den älteren Vätern mehr Jungvögel bis zum Flüggewerden überlebten.
Die Rolle der parasitären Fliegenlarven
Das Forschungsteam fragte sich, welche Rolle die parasitären Fliegenlarven für dieses Ergebnis spielten. Schafften es die älteren Vögel besser, deren negativen Auswirkungen etwas entgegenzusetzen? Oder sind sie ganz generell „bessere Väter“ und hätten auch unter besseren Bedingungen einen höheren Bruterfolg gehabt?
Um diese Fragen zu beantworten, führten die Wissenschaftler*innen ein Experiment durch: Sie verteilten das Insektizid Permethrin in 40 Baumfinken-Nestern. Das hatte zur Folge, dass im Vergleich zu unbehandelten Nestern die Parasitenlast auf etwa ein Viertel sank – und der Bruterfolg der Vögel sich auf das Sechsfache erhöhte.
Wie sah es unter diesen Bedingungen mit dem Unterschied im Bruterfolg zwischen den Altersklassen aus? Er verschwand: Bei geringem Larvenaufkommen zogen ältere Männchen nicht mehr Jungen groß als jüngere. Der Altersvorteil besteht also nur, wenn die Belastung durch die Parasiten hoch ist.
Wie erklärt sich der Altersvorteil
Wie lässt sich erklären, dass in den Nestern älterer Männchen mehr Jungvögel überleben, wenn sie stark von Parasiten befallen sind? Die Wissenschaftler*innen vermuten, dass die Erfahrung der älteren Väter bei der Nahrungssuche eine Rolle spielt. Durch eine effektivere Fütterung sind die Nestlinge möglicherweise besser gegen den durch die Larven verursachten Blutverlust gewappnet.
Zwar stellten die Forscher*innen bei ihrer Untersuchung keinen Unterschied zwischen den Altersklassen in Bezug auf den absoluten Erfolg bei der Futtersuche fest. Doch sie beobachteten ältere Männchen häufiger dabei, wie sie trockene Blätter an Bäumen inspizierten – und diese beheimaten oft besonders energiereiche Larven.
Fazit
Die Untersuchung ist ein schönes Beispiel dafür, dass man die Umweltbedingungen berücksichtigen muss, wenn man Aussagen über den Fortpflanzungserfolg bestimmter Individuen trifft: Der Altersvorteil für erfahrene Baumfinken-Männchen bestand nur, wenn die Belastung durch parasitäre Larven hoch war. Darüber hinaus verdeutlicht die Studie aber auch die dramatischen Folgen, die das Einschleppen einer Art in ein fremdes Ökosystem haben kann – und sei sie noch so unscheinbar.
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