Männliche Graurücken-Leierschwänze imitieren während der Balz einen ganzen Chor aus Warnrufen anderer Vogelarten. Eine aktuelle Studie legt nahe, dass sie damit die Weibchen zum Bleiben bewegen – und so ihre Chancen auf eine erfolgreiche Paarung erhöhen.
Männliche Graurücken-Leierschwänze (Menura novaehollandiae) legen sich mächtig ins Zeug, um Weibchen von sich zu beeindrucken. Besonders bekannt sind die australischen Vögel für ihre Fähigkeit, Töne aus ihrer Umgebung zu imitieren und sie in ihren Gesang zu integrieren. Das können Lieder anderer Arten sein, aber auch Geräusche von Kettensägen oder Automotoren. In einer aktuellen Studie berichtet ein Forschungsteam von einer Gesangseinlage der Männchen, mit der sie die Weibchen vermutlich nicht begeistern – sondern am Verschwinden hindern wollen.
Leierschwanz-Männchen imitieren „Mobbing-Chor“
Leierschwanz-Männchen legen eine Balzarena an, in der sie für Interessentinnen tanzen und singen. Die Weibchen schauen sich dieses Spektakel meist ganz aus der Nähe an – und bei Gefallen findet die Paarung direkt vor Ort statt.
Forscher*innen um Anastazia Dalziell und Justin Welbergen fiel auf, dass die Männchen dabei mitunter ganz besondere Lautfolgen produzieren: Sie ähneln dem „Mobbing-Chor“ (Mobbing = wiederholt Alarmrufe ausstoßen, „Hassen“), der erklingt, wenn verschiedene Vogelarten auf einen Beutegreifer aufmerksam werden. Dabei imitieren die Leierschwänze nicht nur die Warnrufe mehrerer Arten, sondern lassen diese sogar in verschiedenen Lautstärken erklingen – so, als kämen sie aus unterschiedlichen Entfernungen. Zusätzlich erzeugen sie Geräusche, die wie Flügelschläge kleinerer Vögel klingen.
Überzeugende Imitation der Leierschwanz-Männchen
In einem Experiment untersuchten die Wissenschaftler*innen, wie andere Vögel auf die Imitation reagieren. Dazu spielten sie in einem Waldgebiet aus einem Lautsprecher verschiedene Aufnahmen ab: Echte Mobbing-Chor-Laute, die Mobbing-Chor-Imitationen der Leierschwänze und zusätzlich Leierschwänz-Gesänge ohne Warnrufe. Das Ergebnis: Während die anwesenden Vögel die Leierschwanzgesänge ohne Warnrufe weitgehend ignorierten, näherten sie sich dem Lautsprecher äußerst interessiert, wenn ein Mobbing-Chor erklang. Dabei machte es keinen Unterschied, ob es sich um das Original oder die Fälschung handelte. Dieses Ergebnis verdeutlicht, wie exakt die Leierschwänze die Töne nachahmen.
Erhöht die Imitation den Paarungserfolg?
Die Forscher*innen dokumentierten das Balzverhalten verschiedener Männchen in ihren Arenen mit Kamerafallen. Dabei stellten sie fest, dass die Vögel ihre Mobbing-Chor-Einlage nur in zwei ganz bestimmten Situationen erklingen ließen: Zum einen, wenn ein Weibchen die Balzarena vorzeitig verlassen wollte, und zum anderen während der Paarung.
Das Team vermutet deshalb, dass die Männchen die Weibchen mit der besonderen Gesangseinlage nicht beeindrucken, sondern am Gehen hindern wollen – indem sie eine mögliche Bedrohung vortäuschen. Warum aber sollten sie das auch während der Paarung tun? Die Wissenschaftler*innen beobachteten, dass der Akt bei den Tieren mit durchschnittlich 45 Sekunden für Vögel außergewöhnlich lange dauert. Es könnte sich also auch in dieser Situation für die Männchen lohnen, die Weibchen zum Verharren zu bringen.
Fazit
Die Ergebnisse der Studie unterstreichen die beeindruckenden Imitiationskünste der männlichen Graurücken-Leierschwänze: Selbst die komplexen Geräusche eines Mobbing-Chors inklusive der dazugehörigen Flügelschläge vermögen sie täuschend echt nachzuahmen. Die Vermutung des Forschungsteams, dass die Männchen damit ihre Chancen auf eine erfolgreiche Paarung erhöhen, klingt plausibel. Doch wie die Wissenschaftler*innen selbst betonen: Diese Hypothese gilt es noch zu überprüfen.
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