Die Verhaltensforschung befasst sich zunehmend mit Verhaltensveränderungen bei sehr alten Tieren. In einer aktuellen Studie waren betagte Berberaffen zwar genauso erfolgreich beim Lösen von Denkaufgaben wie jüngere – aber weniger motiviert, es überhaupt zu versuchen.
Die Lebenserwartung in vielen Gesellschaften steigt – und mit ihr die Häufigkeit von Beschwerden, die mit einem hohen Alter einhergehen. Enstprechend groß ist seit einigen Jahren das Interesse, den Alterungsprozess (die „Seneszenz“) besser zu verstehen. Auch die verhaltensbiologische Forschung trägt dazu bei, indem sie Veränderungen in Verhalten, Emotionen und Denkleistungen bei alternden Tieren untersucht.
In einer aktuellen Studie wurden vor diesem Hintergrund verschieden alte Berberaffen (Macaca sylvanus) mit Problemlösungsaufgaben konfrontiert. Zwar hatte das Alter keinen Einfluss auf den Erfolg der Tiere, die sich mit den Problemen befassten. Aber: Je älter die Affen waren, desto seltener versuchten sie sich an den Aufgaben.
Die Studie
Die Wissenschaftlerinnen Eva-Maria Rathke und Julia Fischer führten Experimente mit halbwilden Berberaffen im Tierpark La Forêt des Singes in Frankreich durch. Die Tiere dort werden tiermedizinisch betreut und sind vor Raubfeinden geschützt, daher erreichen sie oft ein hohes Alter. Die Forscherinnnen stellten über hundert Affen im Alter zwischen zwei und dreißig Jahren drei verschiedene Denkaufgaben.
Die erste Aufgabe
Bei der ersten Aufgabe galt es, eine Erdnuss aus einem durchsichtigen Plexiglaswürfel zu fischen, der nur an einer Seite geöffnet war. Von 99 Berberaffen, die vor das Problem gestellt wurden, befassten sich 83 damit und 54 ergatterten die Belohnung. Während das Alter der Tiere keinerlei Auswirkungen auf ihre Erfolgschancen hatte, beeinflusste es ihre Motivation: Betagte Affen verzichteten deutlich häufiger auf die Teilnahme als ihre jüngeren Artgenossen.
Die zweite Aufgabe
Bei der zweiten Aufgabe mussten die Berberaffen eine von zwei Schiebetüren an einer Plexiglasbox öffnen, um an eine Erdnuss zu gelangen. Wieder befassten sich ältere Affen deutlich seltener mit dem Problem als jüngere und erneut ließ sich kein Einfluss des Alters auf die Erfolgswahrscheinlichkeit feststellen. Allerdings ist die Aussagekraft in diesem Fall aufgrund der geringen Anzahl erfolgreicher Tiere etwas eingeschränkt: Insgesamt ergatterten überhaupt nur 9 von 79 Affen die Erdnuss.
Die dritte Aufgabe
Auch bei der dritten Aufgabe steckte eine Erdnuss in einem Plexiglasgefäß. Doch dieses Mal gab es für die Berberaffen keine Möglichkeit, sie zu erreichen. Das erlaubte den Forscherinnen, die Beharrlichkeit der Tiere zu untersuchen. Das Ergebnis: Betagte Affen befassten sich nicht nur seltener mit dem unlösbaren Problem – sie gaben auch eher auf.
Fazit
Die Ergebnisse der Studie sind in einer Hinsicht sehr deutlich: Die Motivation der Berberaffen für Problemlösungsaufgaben nahm im Alter merklich ab. Schwierig ist allerdings die Interpretation hinsichtlich der Denkleistungen der betagten Affen. Zwar gab es keinen Einfluss des Alters auf die Erfolgsrate der Tiere, die sich mit den Problemen befassten. Doch haben sich überproportional viele alte Tiere gar nicht erst an den Aufgaben versucht. Bei ihnen bleibt unklar, ob sie bloß nicht mehr wollten – oder auch nicht mehr konnten.
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