Alte Schimpansen sind häufiger allein, haben aber besonders enge soziale Beziehungen

In einer aktuellen Studie untersuchte ein Forschungsteam das soziale Leben wildlebender Schimpansen verschiedenen Alters – und fand erstaunliche Parallelen zu uns Menschen. Ältere Tiere waren zwar etwas häufiger allein als jüngere, aber verbrachten mehr Zeit mit wichtigen Sozialpartnern.

von Niklas Kästner

Im Fokus der Studie stand das Sozialverhalten alter und junger Schimpansen in Uganda
Im Fokus der Studie stand das Sozialverhalten alter und junger Schimpansen in Uganda (Foto: Gerrit Bril via Pixabay, zugeschnitten)

Wenn Menschen altern, werden ihre sozialen Kontakt häufig exklusiver: Sie investieren in wenige, besonders enge Freundschaften. Gleichzeitig meiden sie zunehmend Streitigkeiten und Konflikte und fokussieren auf freundliche Interaktionen. Damit sind sie einer aktuellen Studie zufolge nicht allein: Das soziale Leben wildlebender Schimpansen (Pan troglodytes) verändert sich im Alter auf ganz ähnliche Weise.

Die Studie

Ein Forschungsteam um die Wissenschaftlerinnen Alexandra Rosati und Zarin Machanda analysierte die sozialen Kontakte wildlebender Schimpansen im Kibale Nationalpark in Uganda. Dabei konnte das Team auf einen riesigen Datensatz zurückgreifen: Über fast zwanzig Jahre hinweg wurden die Tiere nahezu täglich beobachtet. Für ihre Untersuchung beschränkten sich die Forscher*innen auf 21 männliche Schimpansen. Diese hatten ein Alter von 15 bis 58 Jahren und es lagen für  sie Beobachtungsdaten aus einem Zeitraum von durchschnittlich zehneinhalb Jahren vor.

Das Ergebnis

Mit dem Alter veränderte sich das soziale Leben der Tiere erheblich. Insgesamt waren alte Schimpansenmännchen etwas häufiger allein anzutreffen als ihre jüngeren Artgenossen. Wenn sie Zeit mit anderen verbrachten, dann taten sie das öfter mit anderen erwachsenen Männchen und seltener mit Weibchen und Jungtieren.

Auch die Qualität der sozialen Kontakte veränderte sich. Jüngere Schimpansen hatten viele recht einseitige Beziehungen: Sie suchten die Nähe von älteren Männchen, die aber umgekehrt kein großes Interesse an ihnen zeigten. Mit zunehmendem Alter sank die Anzahl solcher unausgeglichener Konktakte, dafür stieg die Anzahl echter „Freundschaften“: Beziehungen, bei denen die Tiere gleichmäßig den Kontakt suchten und sich regelmäßig und besonders intensiv gegenseitig groomten (groomen: Fellpflege, „lausen“). Außerdem verhielten sich die Männchen mit zunehmendem Alter deutlich weniger aggressiv.

Fazit

Die Studie enthüllt erstaunliche Parallelen zwischen uns und unseren nächsten Verwandten: Auch Schimpansenmännchen fokussieren im Alter zunehmend auf enge Kontakte und sind weniger streitlustig. Wie lässt sich das erklären? Sind die Ursachen dafür bei Mensch und Schimpanse gleich – oder führen unterschiedliche Faktoren zum gleichen Ergebnis? Diese spannenden Fragen können uns hoffentlich zukünftige Studien beantworten.


Zur Fach-Publikation:
Rosati, A. G.; Hagberg, L.; Enigk, D. K.; Otali, E.; Thompson, M. E.; Muller, M. N.; Wrangham, R. W. & Machanda, Z. P. (2020): Social selectivity in aging wild chimpanzees. Science 370: 473-476.

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