Manche Schimpansenmännchen pflegen auch als junge Erwachsene engen Kontakt zu ihren Müttern

Männliche Schimpansen verbleiben als erwachsene Tiere in ihrer Geburtsgruppe. Eine aktuelle Studie zeigt: Der Kontakt zu ihrer Mutter wird während der Pubertät zwar schwächer – für manche Tiere bleibt sie aber auch im frühen Erwachsenenalter der wichtigste Sozialpartner.

von Niklas Kästner

Männliche Schimpansen verbleiben in ihrer Geburtsgruppe
Männliche Schimpansen verbleiben in ihrer Geburtsgruppe (Foto: Chi King via Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY 3.0, zugeschnitten)

Männliche Schimpansen (Pan troglodytes) wandern nicht ab, sondern bleiben in ihrer Geburtsgruppe. Während sie selbst als entwöhnte Jungtiere noch eine innige Beziehung zur Mutter haben, verbringen sie als Erwachsene ihre Zeit vor allem mit anderen Männchen. In dieser Hinsicht unterscheiden sie sich von den nahverwandten Bonobos (Pan paniscus), die auch im späteren Leben engen Kontakt mit ihren Müttern pflegen.

Ein Forschungsteam untersuchte in einer aktuellen Studie, wie sich bei Schimpansen die Beziehung zwischen Mutter und Sohn in der Pubertät und darüber hinaus entwickelt. Die Ergebnisse zeigen: Der Kontakt nimmt deutlich ab – aber für manche Männchen ist die Mutter auch im jungen Erwachsenenalter noch der wichtigste Sozialpartner.

Die Studie

Die Wissenschaftler*innen Rachna Reddy und Aaron Sandel beobachteten das Sozialverhalten von 29 männlichen Schimpansen im Alter von 9 bis 20 Jahren im Kibale Nationalpark in Uganda. Dabei konzentrierten sie sich insbesondere auf den Kontakt mit ihren Müttern.

Bei männlichen Schimpansen setzt mit etwa 9 Jahren die Pubertät ein, mit etwa 16 sind sie erwachsen. Reddy und Sandel klassifizierten die beobachteten Schimpansen entsprechend als jüngere Heranwachsende (9 – 11 Jahre), ältere Heranwachsende (12 – 15 Jahre) und junge Erwachsene (16 – 20 Jahre).

Das Ergebnis

Die Beziehung zwischen den Schimpansen und ihren Müttern veränderte sich mit dem Alter erheblich. Während sämtliche jüngere Heranwachsende sich häufiger in der Nähe ihrer Mutter aufhielten als in der Nähe anderer Tiere, galt das nur noch für zwei Drittel der älteren Heranwachsenden. Der Anteil bei den jungen Erwachsenen war erwartungsgemäß noch geringer – es war aber keineswegs so, dass alle Tiere sich in diesem Alter bereits von ihrer Mutter gelöst hatten: Für zwei der elf beobachteten jungen Erwachsenen blieb die Mutter der Haupt-Sozialpartner.

Ähnlich verhielt es sich mit dem gegenseitigen Groomen (groomen = Fellpflege, „lausen“). Auch hier nahm die Häufigkeit mit dem Alter deutlich ab – doch für immerhin drei der jungen Erwachsenen war die Mutter noch immer der Haupt-Groomingpartner.

Einen tatsächlich kategorischen Unterschied im Verhalten zwischen heranwachsenden und erwachsenen Schimpansen beobachteten Reddy und Sandal, wenn die Tiere den Anschluss an ihre Mütter verloren. Während ein Drittel der jüngeren Heranwachsenden und ein Viertel der älteren Heranwachsenden in einer solchen Situation wimmerte oder schrie, zeigte keins der erwachsenen Männchen diese Reaktion.

Fazit

Die Ergebnisse der Studie bestätigen, dass die Beziehung von männlichen Schimpansen zu ihren Müttern im Verlauf der Pubertät schwächer wird. Aber sie zeigen auch, dass die Mutter für einige Tiere bis ins junge Erwachsenenalter ein wichtiger Sozialpartner bleibt – und für manche sogar der wichtigste. Interessant für zukünftige Untersuchungen wäre die Frage, welche Faktoren beeinflussen, wie früh sich männliche Schimpansen von ihren Müttern lösen.


Zur Fach-Publikation:
Reddy, R. B. & Sandel, A. A. (2020): Social relationships between chimpanzee sons and mothers endure but change during adolescence and adulthood. Behavioral Ecology and Sociobiology 74: 150.

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