Andrücken statt Einführen: Das außergewöhnliche Sexualverhalten der Breitflügelfledermaus

In einer aktuellen Studie beschreiben Forschende ein bei Säugetieren bislang nicht bekanntes Paarungsverhalten: Männliche Breitflügelfledermäuse führen ihren außergewöhnlich großen Penis nicht in die Vagina des Weibchens ein, sondern drücken ihn nur dagegen.

von Niklas Kästner

In Europa weit verbreitet: die Breitflügelfledermaus (Foto: Alona Shulenko)

Männliche Breitflügelfledermäuse (Eptesicus serotinus) haben einen erstaunlich großen Penis: Messungen eines Forschungsteams um Nicolas Fasel und Susanne Holtze ergaben, dass dieser im Durchschnitt ein Fünftel der Körperlänge der Tiere beträgt – und etwa sieben Mal länger und breiter ist als die Vagina der Weibchen. Das brachte die Forschenden zum Nachdenken: Wie klappt es bei einem solchen Größenunterschied der Geschlechtsorgane mit der Paarung?

Um diese Frage zu beantworten, wertete das Team Videoaufnahmen von Breitflügelfledermäusen aus den Niederlanden und der Ukraine aus. Es zeigte sich: Die Männchen umklammerten die Weibchen bei der Paarung von hinten und schienen in dieser Position mit ihrem Penis die Vagina zu ertasten. Anders als andere Säugetiere führten sie ihn aber nicht ein, sondern drückten lediglich seine herzförmige Spitze gegen die Vulva. In dieser Position kam es dann offenbar zur Ejakulation – zumindest ließen nasse Flecken im Fell der Weibchen darauf schließen.

Wie ist dieses außergewöhnliche Sexualverhalten entstanden? Die Forschenden halten es für möglich, dass es das Ergebnis eines evolutionären Wettkampfs der Geschlechter ist: Demzufolge können die weiblichen Tiere offenbar ihre Vagina mit ihrer Schwanzflughaut verdecken, wenn sie sich nicht mit einem Männchen paaren wollen. Ein entsprechend großer Penis wiederum könnte helfen, dieses Hindernis zu umgehen – und den Männchen so auch bei nicht paarungswilligen Weibchen eine Befruchtung ermöglichen.


Zur Fach-Publikation:
Fasel, N. J.; Jeucken, J.; Kravchenko, K.; Fritze, M.; Ruczyński, I.; Komar, E. (…) & Holtze, S. (2023): Mating without intromission in a bat. Current Biology.

Aus unserer Rubrik: „In aller Kürze“.

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