Eine aktuelle Studie zeigt, wie Jungköniginnen zweier Wegameisenarten in die Nester fremder Kolonien eindringen und die dortige Königin mit einer Flüssigkeit besprühen. Die Folge: Die Arbeiterinnen im Nest wenden sich gegen ihre eigene Mutter.

Manche Arten der Wegameisen (Gattung Lasius) sind sogenannte temporäre Sozialparasiten. Die Jungköniginnen dieser Spezies begeben sich nach der Paarung in Nester anderer Arten und ersetzen die dortige Königin. Anschließend beginnen sie, Nachwuchs zu produzieren, der von den artfremden Arbeiterinnen versorgt wird – bis schließlich alle ursprünglichen Arbeiterinnen gestorben sind und das Nest nur noch aus Nachkommen der neuen Königin besteht.
Bislang war dabei nur der Fall bekannt, dass die Jungköniginnen die etablierte Königin selbst töten. Doch bei den Arten Lasius orientalis und Lasius umbratus verläuft der Sturz der Monarchin einer aktuellen Studie zufolge nach einem anderen Muster.
Flüssigkeitsspritzer mit dramatischen Folgen
Die Forschenden Taku Shimada, Yuji Tanaka und Keizo Takasuka beobachteten, wie Jungköniginnen der beiden Arten in Nester der nahverwandten Arten Lasius flavus und Lasius japonicus eindrangen. Dort bespritzten sie die heimische Königin mit einer Flüssigkeit aus ihrem Körperende. Das hatte dramatische Konsequenzen: Die Arbeiterinnen begannen, ihre eigene Mutter zu attackieren. Diese Angriffe resultierten schließlich im Tod der Königin, woraufhin die Eindringlinge als neue Königin akzeptiert wurden und mit der Eiablage begannen.
Fazit
Die Beobachtungen der Forschenden enthüllen ein erstaunliches Phänomen: Die Jungköniginnen von Lasius orientalis und Lasius umbratus bringen artfremde Arbeiterinnen dazu, ihre eigene Mutter zu töten. Dabei reicht offenbar einzig das Bespritzen mit einer Flüssigkeit aus, damit sich das Verhalten der Tiere gegenüber ihrer Königin radikal wandelt und sie diese schonungslos attackieren. Woraus genau die verspritzte Substanz besteht, lässt sich bislang nicht klar sagen. Die Forschenden haben jedoch einen Verdacht: Sie gehen davon aus, dass es sich um Ameisensäure handelt, die Wegameisen unter anderem zur Verteidigung einsetzen. Ob diese Vermutung zutrifft und wie genau die „Parfümierung“ der Königinnen das aggressive Verhalten der Arbeiterinnen auslöst, sind spannende Fragen für weitere Untersuchungen zu der faszinierenden Beziehung zwischen den Sozialparasiten und ihren Wirten.
Zur Fach-Publikation:
Shimada, T.; Tanaka Y. & Takasuka K. (2025): Host daughter ants manipulated into unwitting matricide by a social parasitic queen. Current Biology.
Wir freuen uns über Anmerkungen, Fragen oder Feedback im Kommentarbereich! Allerdings behalten wir uns vor, Kommentare zu löschen, die unserer Meinung nach rechtswidrig oder aus anderen Gründen unangemessen sind. Bitte beachten Sie auch die Hinweise zur Kommentarfunktion in unserer Datenschutzerklärung.


