Heranwachsende Schimpansenmännchen zeugen trotz niedriger Position in der Rangordnung Nachwuchs. Einer aktuellen Studie zufolge gelingt ihnen das durch enge Beziehungen zu einzelnen Weibchen – die sie zunehmend zur Paarung nötigen.
Schimpansen (Pan troglodytes) leben in großen, gemischtgeschlechtlichen Gruppen. Wenn Weibchen empfängnisbereit sind, paaren sie sich üblicherweise mit verschiedenen Männchen ihrer Gruppe. Dabei haben erwachsene Männchen entscheidende Vorteile: Zum einen sind sie stark genug, um die Weibchen gegenüber jüngeren Artgenossen zu verteidigen. Zum anderen sind sie den Weibchen körperlich überlegen – und zwingen sie mitunter mit aggressivem Verhalten zur Paarung.
Heranwachsende Männchen haben bei der Konkurrenz um Weibchen hingegen meist das Nachsehen – und das für eine relativ lange Zeit: Sie sind zwar mit etwa 8 Jahren geschlechtsreif, aber für gewöhnlich frühestens im Alter von 15 Jahren ausgewachsen. Eine hohe Position in der Rangordnung erobern sie meist sogar erst ab einem Alter von 20 Jahren. Dennoch zeugen sie oft schon in jungen Jahren Nachwuchs. Eine aktuelle Studie liefert Hinweise darauf, wie ihnen das gelingt.
Die Studie
Ein Forschungsteam um Rachna Reddy und John Mitani untersuchte im ugandischen Kibale-Nationalpark, welche Strategien heranwachsende Schimpansenmännchen nutzen, um sich erfolgreich fortzupflanzen. Dazu beobachteten die Forschenden über 17 Monate das Sozialverhalten von insgesamt 31 Männchen im Alter von 9 bis 20 Jahren. Anhand von genetischem Material aus gesammelten Kotproben bestimmten sie zudem die Vaterschaften von 105 Jungtieren.
Junge Männchen zeugen Nachwuchs vor allem mit Erstgebärenden
Die Beobachtungen ergaben, dass heranwachsende Männchen sich vorzugsweise mit Weibchen paarten, die zuvor noch keine Jungtiere geboren hatten. Das schlug sich auch in den Vaterschaften nieder: Der Nachwuchs von Männchen unter 15 Jahren stammte zu 67 Prozent von erstgebärenden Müttern. Bei Männchen zwischen 16 und 20 Jahren betrug dieser Anteil dagegen nur 29 Prozent – und bei noch älteren sogar nur 13 Prozent.
Was lässt sich das erklären? Da die Trächtigkeit erstgebärender Weibchen häufiger mit Komplikationen verbunden ist, haben erwachsene Männchen für gewöhnlich nur geringes sexuelles Interesse an ihnen – und jüngere Männchen entsprechend weniger Konkurrenz.
Enge Beziehungen und aggressives Verhalten beeinflussen den Paarungserfolg
Darüber hinaus spielten auch enge soziale Bindungen zu einzelnen Weibchen eine entscheidende Rolle. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass die Tiere sich besonders häufig und ausgiebig gegenseitig groomen (grooming = Fellpflege, „lausen“) oder einander nach aufregenden Situationen beruhigen. Es zeigte sich: Je stärker eine solche Bindung war, desto häufiger paarte sich ein Männchen mit dem entsprechenden Weibchen.
Interessanterweise verringerte sich der Zusammenhang zwischen Bindungsstärke und Paarungswahrscheinlichkeit, je älter die Männchen wurden. Dafür gewann Aggression mit steigendem Alter an Bedeutung: Je häufiger ein Männchen gegenüber einem Weibchen aggressiv war, desto öfter paarten sich beide miteinander. Das galt insbesondere dann, wenn sich sein aggressives Verhalten gegen seine Bindungspartnerin richtete.
Fazit
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass junge Schimpansenmännchen zwei Verhaltenstaktiken anwenden, um sich trotz ihrer körperlichen Unterlegenheit erfolgreich fortzupflanzen: Zum einen konzentrieren sie sich auf Weibchen, die zuvor keinen Nachwuchs hatten, da diese bei überlegenen Konkurrenten weniger „beliebt“ sind. Zum anderen pflegen sie enge Bindungen zu einzelnen Weibchen, mit denen sie sich vorzugsweise paaren. Allerdings setzen heranwachsende Schimpansen offenbar mit zunehmendem Alter und größerer Körperkraft vermehrt auf aggressives Verhalten – und nötigen ihre Bindungspartnerinnen zur Paarung.
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