Hundewelpen können Futtermengen unterscheiden – wenn die Differenz groß genug ist

Wenn erwachsene Hunde zwei unterschiedliche Futterportionen zur Auswahl haben, wählen sie häufiger die größere: Sie können die verschiedenen Futtermengen unterscheiden. Eine aktuelle Studie zeigt, dass schon Hundewelpen im Alter von zwei Monaten dazu in der Lage sind.

von Niklas Kästner

Hundewelpen können Futtermengen unterscheiden
Der Versuch wurde mit zwei Monate alten Welpen durchgeführt (Foto: Alvan Nee via Unsplash)

„Hunde können keine Futtermengen unterscheiden“ – das las ich vor gut zwanzig Jahren als Jugendlicher in Ratgebern zur Hundeerziehung. Mittlerweile haben mehrere Studien gezeigt, dass das nicht stimmt. Wenn Hunden zwei Näpfe präsentiert werden und einer mindestens doppelt so viele Futterstückchen enthält wie der andere, wählen sie häufiger den Napf mit der größeren Anzahl. Eine aktuelle Studie zeigt, dass schon Hundewelpen im Alter von zwei Monaten diese Fähigkeit besitzen – zumindest wenn der Unterschied zwischen den Futtermengen relativ groß ist. 

Die Studie

Für ihre Untersuchung arbeiteten die Wissenschaftler*innen Maria Miletto Petrazzini, Fabio Mantese und Emanuela Prato-Previde mit Hunde-Züchter*innen verschiedener Rassen zusammen (American Akita, Australian Shepherd, Berner Sennenhund, Border Collie, Deutscher Schäferhund, Golden Retriever, Labrador Retriever, Neufundländer und Weimaraner). Die Forscher*innen bauten in der vertrauten Umgebung der Welpen eine 4 x 4 Meter große Arena auf, in der sie die Tiere einzeln testeten.

Zunächst wurden die jungen Hunde von einer vertrauten Person festgehalten, während eine weitere Person zwei Teller mit unterschiedlichen Mengen Trockenfutter bestückte. Auf einen Teller legte sie bei allen Welpen ein Trockenfutter-Stückchen, auf den anderen legte sie entweder acht, sechs oder vier Stückchen. Dabei achtete sie darauf, die Tiere nicht anzuschauen oder ihnen auf andere Weise unbewusst Zeichen zu geben (ganz ausschließen lässt sich das bei diesem Versuchsaufbau allerdings nicht). Die Teller stellte sie im Abstand von einem Meter zueinander und 80 cm entfernt von den Welpen auf den Boden.

Jeder Welpe bekam etwas Zeit, die Futterportionen zu betrachten, und wurde dann losgelassen. Sobald er sich einem Teller genähert hatte, wurde der andere Teller entfernt. Dieser Ablauf wurde mit jedem Welpen vier Mal wiederholt – das Verhältnis der Futtermengen (1:8, 1:6 bzw. 1:4) blieb dabei konstant.

Übrigens: Um auszuschließen, dass der Geruch der unterschiedlichen Futtermengen eine Rolle spielte, befand sich unter den Tellern jeweils ein luftdurchlässiges aber nicht einsehbares Fach. In dieses wurde stets so viel Futter gelegt, wie sich oben auf dem jeweils anderen Teller befand. Die Gesamtmenge unsichtbaren und sichtbaren Futters – und damit die Stärke des Geruchs – war also bei beiden Tellern gleich.

Das Ergebnis

Wenn die Futterstückchen im Verhältnis 1:8 präsentiert wurden, wählten 69 Prozent der Tiere in mindestens drei von vier Durchgängen die größere Portion. Die restlichen 31 Prozent wählten je zwei Mal den Teller mit der größeren und zweimal den mit der kleineren Portion. Betrug das Verhältnis 1:6, wählten 44 Prozent in mindestens drei von vier Durchgängen den Teller mit der größeren Portion und 56 Prozent wählten beide Teller gleich häufig. Im Durchschnitt gab es also bei beiden Bedingungen eine Präferenz für die größere Anzahl Futterstückchen.

Anders war es, wenn das Verhältnis der Futtermengen 1:4 betrug – hier ließ sich keine Präferenz erkennen. 35 Prozent der Welpen wählten überwiegend die größere Portion, 35 Prozent wählten beide Portionen gleich häufig – und 30 Prozent entschieden sich in mindestens drei von vier Durchgängen für die kleinere Portion.

Zusammengenommen sprechen die Ergebnisse dafür, dass Hundewelpen zwar Mengen im Verhältnis 1:8 und 1:6 unterscheiden können, aber – anders als erwachsene Hunde – noch nicht solche im Verhältnis 1:4. Allerdings muss man bei der Interpretation aufpassen, wie auch das Team um Miletto Petrazzini einräumt. Es könnte sein, dass die Welpen einfach weniger motiviert und daher nicht so konzentriert waren, wenn es insgesamt um weniger Futter ging. Das Team schlägt vor, einen solchen Effekt in zukünftigen Studien auszuschließen, indem den Tieren parallel nicht eins und vier, sondern zwei und acht Futterstückchen präsentiert werden. Das Verhältnis bliebe gleich – aber der Anreiz würde größer.

Fazit

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Hunde bereits im Alter von zwei Monaten Unterschiede zwischen Futtermengen erkennen können – wenn die Differenz groß genug ist. Ob Welpen bei einem Verhältnis von 1:4 tatsächlich an ihre Grenzen stoßen, lässt sich vorerst nicht eindeutig beantworten. Um einen Einfluss mangelnder Motivation auf das Ergebnis auszuschließen, sind weitere Experimente nötig.


Zur Fach-Publikation:
Miletto Petrazzini, M. E.; Mantese, F. & Prato-Previde, E. (2020): Food quantity discrimination in puppies (Canis lupus familiaris). Animal Cognition.

Weitere Literatur:
Range, F.; Jenikejew, J.; Schröder, I. & Virányi, Z. (2014): Difference in quantity discrimination in dogs and wolves. Frontiers in Psychology 5: 1299.

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