Keine großen Sprünge: Tarnung als Ameise verringert Sprungkraft von Springspinnen

Der Körperbau einiger Springspinnen-Arten ähnelt dem von Ameisen. Vermutlich schützen sie sich so vor Fressfeinden. Allerdings zahlen sie dafür laut einer aktuellen Studie einen Tribut: Die Tarnung schmälert ihre Sprungkraft – und ihren Jagderfolg.

von Niklas Kästner

Springspinnen der Gattung Myrmarachne tarnen sich als Ameisen
Perfekte Täuschung: Diese Springspinne der Art Myrmarachne grossa sieht einer Ameise verblüffend ähnlich (Foto: Yoshiaki Hashimoto)

Springspinnen tragen ihren Namen nicht von ungefähr – ihre Sprungkraft hilft ihnen auf der Jagd nach Beute. Allerdings müssen die Jägerinnen sich auch selbst in Acht nehmen. Sie stehen unter anderem auf dem Speiseplan von anderen Spinnen und Fangschrecken. Vermutlich als Schutz vor diesen haben die Springspinnen-Arten der Gattung Myrmarachne eine geschickte Tarnung entwickelt: Ihr Körperbau ähnelt dem von Ameisen. Diese werden von den Feinden der Spinnen eher verschmäht, da sie sich gut zu verteidigen wissen – und im Notfall Verstärkung herbeirufen können. Doch eine aktuellen Studie zufolge hat die clevere Tarnung für die Spinnen ihren Preis: Sie büßen deutlich an Sprungkraft ein.

Die Studie

Anders als Grashüpfer beziehen Springspinnen ihre Sprungkraft nicht aus großen, starken Beinen. Stattdessen nutzen sie einen hydraulischen Mechanismus: Sie pressen Körperflüssigkeit (Hämolymphe) in ihre Beine, die sich dadurch schlagartig strecken – und die Spinnen in die Luft katapultieren.

Der Körper der Ameisen imitierenden Myrmarachne-Spinnen ist wesentlich schmaler als der anderer Springspinnen. Ein Forschungsteam um Yoshiaki Hashimoto und Takao Itioka vermutete, dass die längliche Form die Effektivität der Sprung-Hydraulik beeinträchtigen könnte.

Um das zu untersuchen, fingen die Forscher*innen Springspinnen in Südostasien. Darunter waren Exemplare von sieben Arten aus der Gattung Myrmarachne aber auch „normal gebaute“ Springspinnen anderer Gattungen. Mit allen Tieren führten sie das gleiche Experiment durch: Sie setzten sie für drei Minuten in einen Kunststoffbehälter mit einer kleinen Fliege. Während dieser Zeit filmten sie die Spinnen und bestimmten anhand der Aufnahmen ihre maximale Sprungweite. Zusätzlich notierten sie, ob die Tiere bei der Jagd nach der Fliege erfolgreich waren.

Das Ergebnis

Das Ergebnis war eindeutig: Die Spinnen in Ameisenoptik sprangen weniger weit als die „normal gebauten“. Dabei ergab sich ein proportionaler Zusammenhang zwischen Körperbau und Sprungweite: Je schmaler der Körper einer Spinnen-Art, desto kürzer ihre Sprünge. Gleichzeitig war der Jagderfolg bei den besonders schlanken Arten im Vergleich zu den übrigen deutlich geringer.

Fazit

Der proportionale Zusammenhang zwischen der Breite des Leibes und der Sprungweite legt nahe, dass der veränderte Körperbau der Myrmarachne-Spinnen tatsächlich ihre Sprungkraft verringert. Es handelt sich vermutlich um einen sogenannten evolutionären Trade-off („Zielkonflikt“): Der langgestreckte Körper schützt die Spinnen vor Fressfeinden, senkt aber gleichzeitig ihren Jagderfolg. Insgesamt scheint diese Rechnung aufzugehen – Beleg dafür sind etwa 200 Springspinnen-Arten, die erfolgreich auf die Ameisen-Tarnung setzen. 


Zur Fach-Publikation:
Hashimoto, Y.; Endo, T.; Yamasaki, T.; Hyodo, F. & Itioka, T. (2020): Constraints on the jumping and prey-capture abilities of ant-mimicking spiders (Salticidae, Salticinae, Myrmarachne). Scientific Reports 10: 18279.

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