Neugierige Pferde lernen schneller

Eine aktuelle Studie offenbart eine interessante Verknüpfung zwischen zwischen Neugier und Lernfähigkeit bei jungen Pferden: Tiere, die unbekannte Objekte ausdauernder erkundeten, schnitten in verschiedenen Lernaufgaben besser ab als ihre weniger neugierigen Artgenossen.

von Niklas Kästner

Neugier und Lernfähigkeit hingen bei den Pferden in der Studie zusammen
Neugier und Lernfähigkeit hingen bei den Pferden in der Studie zusammen (Foto: christels via Pixabay)

Eine Untersuchung an US-amerikanischen Kindern im Alter von etwa fünf bis sechs Jahren ergab vor kurzem: Je neugieriger Eltern ihr Kind einschätzten, desto besser waren seine Leistungen im Lesen und Rechnen. Eine aktuelle Studie demonstriert einen ganz ähnlichen Zusammenhang bei jungen Pferden: Tiere, die größeres Interesse für unbekannte Objekte zeigten, schnitten besser in zwei unterschiedlichen Lerntests ab.

Für die Studie eines Forschungsteams um Janne W. Christensen und Christine Nicol durchliefen 44 Pferde im Alter von 10 bis 14 Monaten vier Tests. Bei zweien ermittelten die Forschenden ihre Reaktion auf auffällige Objekte, bei den anderen beiden ihre Lernleistung.

Die unbekannten Objekte

Um die Erkundungsfreudigkeit der Pferde zu testen, wurden sie zunächst daran gewöhnt, eine 5 m x 10 m große umzäunte Fläche zu betreten, an deren Ende sich ein Behälter mit Futter befand. Dann platzierten die Wissenschaftler*innen zwischen dem Eingang zur Fläche und dem Futterbehälter auffällige Objekte. Dabei handelte es sich im ersten Test um mehrere große gelbe Behälter, im zweiten um eine weiße Decke mit violetten und blauen Objekten auf den Ecken.1

1Während die gelben Behälter den Pferden völlig unbekannt waren, hatten sie die übrigen bereits einmal als Fohlen im Rahmen eines Versuchs gesehen.

Die Lernaufgaben

Zwei weitere Tests gaben den Forscher*innen Aufschluss über die Lernfähigkeit der Tiere. Bei einem ließen sie die Tiere in zehn Durchgängen zwischen zwei unterschiedlichen Behältern wählen, von denen jeweils derselbe Futter enthielt, während der andere leer war. Dabei mussten die Pferde sich am Aussehen der Behälter orientieren, da ihre Positionen immer wieder vertauscht wurden. Entschieden sie sich falsch, durften sie den entsprechenden Durchgang wiederholen. Als Maß für den Lernerfolg berücksichtigten die Forscher*innen die Gesamtzahl der Fehler– je weniger Fehler ein Pferd im Verlauf des Tests machte, desto besser seine Lernleistung.

Beim anderen Test übten die Wissenschaftler*innen mit einem speziellen Gerät zunehmend Druck auf ein Hinterbein der Pferde aus. Diesen lösten sie, sobald die Tiere das Bein zur Seite bewegten. In zehn Durchgängen überprüften die Wissenschaftler*innen, bei welcher Druckstärke ein Tier sein Bein zurückzog. Je stärker dieser Wert im Verlauf des Tests abnahm, desto größer der Lernerfolg.

Zusammenhang zwischen Neugier und Lernen

Die Auswertung der Tests ergab einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Reaktion der Pferde auf die auffälligen Objekte und ihrem Lernerfolg: Je länger ein Tier die Objekte mit seinen Nüstern, Zähnen oder Hufen berührt hatte, desto seltener wählte es den falschen Behälter und desto schneller lernte es, sein Bein zur Seite zu bewegen.

Aber könnte es nicht auch sein, dass die weniger erkundungsfreudigen Pferde nicht neugieriger, sondern einfach ängstlicher waren – und dass die Ängstlichkeit ihren Lernerfolg beeinträchtigte? Um diese Möglichkeit auszuschließen, erfassten die Wissenschaftler*innen zusätzlich anhand des Verhaltens und der Herzfrequenz der Pferde, wie aufgeregt sie auf die auffälligen Objekte reagierten. Es zeigte sich: Im Gegensatz zum Erkundungsverhalten hing die Aufgeregtheit der Tiere nicht mit ihrem Lernerfolg zusammen.

Fazit

Die Ergebnisse der Studie lassen den Schluss zu, dass neugierige Pferde besser lernen. Allerdings bedeutet das nicht, dass sie besser lernen, weil sie neugierig sind – ein Punkt, den auch die Autor*innen der Studie diskutieren. Es könnte zwar sein, dass erkundungsfreudigere Tiere stärker mit ihrer Umwelt interagieren und dass sich dadurch ihre Lernfähigkeit verbessert. Genauso ist aber eine andere Erklärung denkbar: nämlich dass besonders clevere Pferde schlichtweg auch besonders großes Interesse an ihrer Umgebung haben.


Zur Fach-Publikation:
Christensen, J. W.; Ahrendt, L. P.; Malmkvist, J. & Nicol, Christina (2021): Exploratory behaviour towards novel objects is associated with enhanced learning in young horses. Scientific Reports 11: 1428.

Weitere Literatur:
Shah, P. E.; Weeks, H. M.; Richards, B. & Kaciroti, N. (2018): Early childhood curiosity and kindergarten reading and math academic achievement. Pediatric Research 84: 380-386.

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