Seeotter benutzen Steine und andere harte Gegenstände, um die Schalen von Beutetieren wie Muscheln oder Schnecken aufzubrechen. Einer aktuellen Studie zufolge profitieren sie dadurch auch über die Ernährung hinaus – indem sie das Risiko für Schäden an ihrem Gebiss verringern.
Seeotter (Enhydra lutris) sind für den Einsatz von Werkzeugen bekannt: Sie benutzen Steine und andere harte Objekte als Hammer oder Amboss, um damit die Schalen von Muscheln oder Schnecken zu knacken. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den Tieren in Bezug darauf, wie häufig sie von solchen Hilfsmitteln Gebrauch machen. In einer aktuellen Studie sind Forschende der Frage nachgegangen, wie die Werkzeugnutzung mit der Ernährung und der Zahngesundheit der wasserlebenden Raubtiere zusammenhängt.
Werkzeuggebrauch und Ernährung
Ein Forschungsteam um Chris Law und Rita Metha beobachtete im Rahmen der Untersuchung insgesamt 196 Seeotter bei der Nahrungsaufnahme. Das Spektrum reichte dabei von Tieren, die nie zu Werkzeugen griffen, bis zu Tieren, die fast bei jedem Beutetier Gebrauch davon machten. Die Forschenden stellten fest: Je häufiger ein Tier Hilfsmittel einsetzte, desto härter war die Schale der Beutetiere, die es verspeiste. Das lässt darauf schließen, dass die Werkzeuge den Ottern ermöglichen, sich ansonsten schwer zugängliche Nahrungsquellen zu erschließen. Interessanterweise bestand dieser Zusammenhang allerdings nur bei den Weibchen – was sich den Forschenden zufolge dadurch erklären lässt, dass die männlichen Seeotter größer sind und über eine wesentlich stärkere Beißkraft verfügen. Sie können offenbar auch härtere Schalen leichter ohne Hilfsmittel knacken als ihre weiblichen Artgenossen.
Werkzeuggebrauch und Zahngesundheit
In anderer Hinsicht profitierten aber offenbar beide Geschlechter gleichermaßen vom Einsatz der Werkzeuge. Wenn die Forschenden die Seeotter einfingen, um sie zu besendern bzw. zu markieren, überprüften sie auch den Zustand ihrer Zähne. Dabei wurde deutlich: Je häufiger ein Tier seine Beute mit Steinen oder anderen harten Objekten aufbrach, desto weniger Schäden wies sein Gebiss auf.
Zusätzlich schaute sich das Team die Zähne von 35 Ottern, die im Verlauf der Studie starben, genauer an. Es zeigte sich: Bei Ottern, die mehr als 50 Prozent ihrer Beutetiere mit Werkzeugen bearbeiteten, lag das eigentlich vom Schmelz verborgene, empfindliche Zahnbein am wenigsten frei – bei Ottern, die nur selten Werkzeuge einsetzten, dagegen am stärksten.
Interessanterweise war allerdings die Fläche des freiliegenden Zahnbeins bei Ottern, die gar keine Werkzeuge einsetzten, geringer als bei Ottern, die diese nur gelegentlich verwendeten. Wie lässt sich das erklären? Tiere, die bei der Nahrungssuche ganz auf Hilfsmittel verzichten, verzehren offenbar hauptsächlich Beutetiere, bei denen sie keine harten Schalen überwinden müssen – und setzen ihre Zähne so grundsätzlich einer geringeren Belastung aus.
Fazit
Die Ergebnisse der Studie lassen den Schluss zu, dass sich der Gebrauch von Werkzeugen für Seeotter doppelt auszahlt. Zum einen erleichtert er insbesondere den Weibchen den Zugang zu hartschaliger Beute. Zum anderen schonen die Tiere ihr Gebiss, wenn sie Muscheln oder Schnecken mit Hilfe von Steinen anstelle ihrer Zähne aufbrechen. Und dieser Aspekt ist nicht zu unterschätzen: Zahnschäden erschweren den Ottern die Ernährung und erhöhen das Risiko für Infektionen – was letztlich sogar tödliche Folgen haben kann.
Zu den Fach-Publikationen:
Law, C. J.; Tinker, M. T.; Fujii, J. A.; Nicholson, T.; Staedler, M.; Tomoleoni, J. A.; Young, C. & Mehta, R. S. (2024): Tool use increases mechanical foraging success and tooth health in southern sea otters (Enhydra lutris nereis). Science.
Klump, B. C. (2024): Tool use promotes dental health. Science.
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