Auch Tiere wählen nicht immer den einfachen Weg. Einen Beleg dafür liefert eine aktuelle Studie: Ziegen öffnen freiwillig eine Schiebetür für eine Belohnung, die sie auch ohne Arbeit ergattern könnten.
Stellen Sie sich vor, Sie haben die Wahl zwischen zwei identischen Portionen einer Süßigkeit, die Sie sehr mögen. Der einzige Unterschied: Die eine Portion dürfen Sie sich einfach nehmen, für die andere müssen Sie erst eine bestimmte Aufgabe erledigen. Was tun Sie?
Interessanterweise wählen Tiere in Menschenhand in vergleichbaren Situationen nicht immer die „kostenlose“ Belohnung, sondern entscheiden sich mitunter, freiwillig dafür zu arbeiten. Das Erledigen der Aufgabe an sich scheint für die Tiere belohnend zu sein. Ein Team um die Wissenschaftlerinnen Katrina Rosenberger und Nina Keil hat dieses Phänomen, das als „Contrafreeloading“ bezeichnet wird, in einer aktuellen Studie bei Ziegen nachgewiesen.
Die Studie
Die Forscher*innen ließen 30 Milchziegen und 27 Zwergziegen jeweils zehnmal zwischen einer „kostenlosen“ und einer mit Arbeit verbundenen Belohnung wählen. Dazu führten sie die Tiere in einen Versuchsraum, in dem sie an zwei Stellen ungekochte Nudeln ergattern konnten. In einem Fall brauchten sie dafür bloß das Maul durch eine Öffnung zu stecken, im anderen Fall mussten sie zuvor eine kleine Tür zur Seite schieben.
Das Ergebnis
Die Bereitschaft zum freiwilligen Arbeiten war hoch: 53 der 57 Ziegen öffneten mindestens einmal die Schiebetür. Insgesamt fiel die Wahl durchschnittlich sogar in gut 40 Prozent der Fälle auf die zu erarbeitende Belohnung. Einen Unterschied zwischen den Zuchtlinien gab es lediglich in Bezug auf den zeitlichen Verlauf: Bei den Milchziegen entschieden sich in jedem Durchgang etwa 43 Prozent der Tiere für die freiwillige Arbeit. Bei den Zwergziegen hingegen stieg die „Arbeitsbereitschaft“ allmählich an – von 30 Prozent im ersten Durchgang auf 53 Prozent im letzten.
Fazit
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich sowohl Milch- als auch Zwergziegen freiwillig für eine Belohnung anstrengen, die sie auch ohne jeden Aufwand erlangen könnten. Warum waren die Zwergziegen dabei zögerlicher als die Milchziegen? Die Wissenschaftler*innen vermuten, dass sie von der Versuchssituation zunächst etwas gestresster waren und daher die weniger herausfordernde Variante wählten – eine plausible Hypothese und ein spannender Anknüpfungspunkt für weitere Untersuchungen.
Zur Fach-Publikation:
Rosenberger, K.; Simmler, M.; Nawroth, C.; Langbein, J. & Keil, N. (2020): Goats work for food in a contrafreeloading task. Scientific reports 10: 22336.
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