Stadtmeisen singen früher als Landmeisen

Städtische und ländliche Lebensräume unterscheiden sich grundlegend. Eine aktuelle Studie zeigt, dass in Städten lebende Kohlmeisen ihren Gesang früher anstimmen als ihre Artgenossen auf dem Land. Ob das Vorteile für die Tiere hat, bleibt vorerst offen.

von Niklas Kästner

Kohlmeisen in der Stadt singen früher als ihre Artgenossen auf dem Land
Kohlmeisen in der Stadt singen früher als ihre Artgenossen auf dem Land (Foto: Didier Aires via Pixabay, zugeschnitten)

Die Lebensbedingungen auf dem Land unterscheiden sich deutlich von denen in der Stadt – nicht nur für uns Menschen. Unter anderem der höhere Lärmpegel und die intensive künstliche Beleuchtung in städtischen Gebieten können erhebliche Auswirkungen auf den Alltag von Tieren haben. Eine aktuelle Studie hat vor diesem Hintergrund den Gesang männlicher Kohlmeisen (Parus major) in der Stadt und auf dem Land verglichen – und festgestellt, dass Stadtmeisen ihre Lieder etwas früher anstimmen.

Die Studie

Das Forschungsteam um Eira Bermúdez-Cuamatzin und Hans Slabbekoorn wählte für die Untersuchung elf niederländische Städte aus. In jeder Stadt positionierten die Wissenschaftler*innen ein Aufnahmegerät im Territorium einer männlichen Kohlmeise. Ein weiteres brachten sie in einem ländlich gelegenen Territorium 15 bis 30 Kilometer entfernt von der entsprechenden Stadt an. Für 24 Stunden nahmen sie den Gesang der Kohlmeisen auf – jeweils gleichzeitig im städtischen und ländlichen Gebiet.

Die Analyse der Aufnahmen zeigte: Kohlmeisen in der Stadt stimmten ihren Gesang bereits eine gute Stunde vor Sonnenaufgang an – und damit 22 Minuten vor den Landmeisen. Zusätzlich zu den Meisengesängen hatten die Forscher*innen auch den Lärmpegel in den verschiedenen Regionen aufgezeichnet. Ein Abgleich ergab: Durch den früheren Beginn verschoben die Meisen in den Städten ihren Gesang in eine vergleichsweise ruhige Phase des Tages.

Fazit

Die Studie zeigt eindeutig, dass Kohlmeisen in Städten früher zu singen beginnen als ihre Artgenossen auf dem Land. Das könnte eine Anpassung an den morgens einsetzenden Lärm in den Städten sein. Ebenso ist es aber möglich, dass der Stadtlärm und das künstliche Licht die Vögel schlichtweg früher wach werden lassen. Ob das veränderte Verhalten den Meisen tatsächlich einen Vorteil bringt, lässt sich nur durch weitere Untersuchungen herausfinden.


Zur Fach-Publikation:
Bermúdez-Cuamatzin, E.; Delamore, Z.; Verbeek, L.; Kremer, C. & Slabbekoorn, H. (2020): Variation in diurnal patterns of singing activitiy between urban and rural great tits. Frontiers in Ecology and Evolution  8: 246.

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