Männliche Halbschnäbler liefern sich regelmäßig intensive Kämpfe. Der Ausgang dieser Konflikte hat einer aktuellen Studie zufolge besondere Auswirkungen: Dominante Männchen produzieren schnellere Spermien – und haben dadurch möglicherweise Vorteile bei der Fortpflanzung.
Collettes Halbschnäbler (Dermogenys collettei) leben in lockeren, gemischtgeschlechtlichen Schwärmen in Süßgewässern Südostasiens. Ihren Namen verdanken die kleinen Fische ihrem imposanten Unterkiefer, dessen Länge die des Oberkiefers um ein Vielfaches übertrifft. Dieses außergewöhnliche Körperteil setzen die Männchen in ihren zahlreichen Auseinandersetzungen als Waffe ein. Dabei ringen sie mit verkeilten „Halbschnäbeln“, bis der Stärkere als Sieger hervorgeht. Einer aktuellen Studie zufolge beeinflusst der Ausgang des Kampfes nicht nur die Beziehungen zwischen den Rivalen: Die Spermien der überlegenen Männchen schwimmen außerdem schneller.
Die Studie
Ein Forschungsteam um Charel Reuland und John Fitzpatrick untersuchte, ob sich die Dominanzverhältnisse zwischen männlichen Halbschnäblern auf deren körperliche Verfassung und die Qualität ihrer Spermien auswirken. Dazu setzten die Wissenschaftler*innen jeweils zwei Männchen mit vergleichbarer Körperlänge für zehn Tage zusammen in ein Aquarium und beobachteten ihr Verhalten. Anschließend wogen und vermaßen sie die Fische und sammelten Spermaproben – an die sie durch leichtes Drücken auf den Samenleiter gelangten.
Dominante Halbschnäbler in besserer körperlicher Verfassung
Wie erwartet fochten die Männchen die Machtverhältnisse im Aquarium gründlich untereinander aus. Dabei ging bei allen 32 Paaren jeweils einer der beiden Kontrahenten eindeutig als Sieger aus den Auseinandersetzungen hervor. Das spiegelte sich auch in den körperlichen Merkmalen der Halbschnäbler wider: Während die dominanten Fische während der zehn Tage im Aquarium wuchsen, blieb die Körpergröße der unterlegenen Kontrahenten im Schnitt unverändert. Außerdem waren die überlegenen Halbschnäbler anschließend insgesamt in besserer körperlicher Verfassung, wie das Forschungsteam anhand einer ermittelten Maßzahl (ähnlich dem Body-Maß-Index beim Menschen) nachwies.
Dominante Halbschnäbler haben schnellere Spermien
Tatsächlich unterschied sich auch die Spermienqualität der Fische: Die Samenzellen der dominanten Männchen schwammen im Schnitt wesentlich schneller als die ihrer unterlegenen Rivalen! Das war anscheinend eine Konsequenz der kräftezehrenden Kämpfe, wie ein weiterer Versuch der Wissenschaftler*innen nahelegt: Reduzierten sie die Zahl der körperlichen Auseinandersetzungen zwischen den Fischen durch eine Rückzugsmöglichkeit, ergab sich zwischen dominanten und unterlegenen Männchen kein Unterschied in der Spermiengeschwindigkeit.
Die schnelleren Spermien könnten den Halbschnäblern einen entscheidenden Vorteil bei der Fortpflanzung verschaffen. Denn bei den lebendgebärenden Fischen geht es rund um die Paarung hoch her: Wenn weibliche Halbschnäbler empfängnisbereit sind, paaren sie sich üblicherweise wiederholt mit verschiedenen Männchen. Dadurch konkurrieren deren Spermien im Körper des Weibchens um die Befruchtung der Eizellen. Bei diesem Wettrennen könnte sich eine höhere Geschwindigkeit durchaus bezahlt machen.
Fazit
„In unserem Versuch zeigen wir erstmals, dass dominante Halbschnäbler mehr Energie in die Qualität ihrer Spermien investieren können als ihre unterlegenen Rivalen“, erklärt der Erstautor der Studie Charel Reuland. Es bleibt allerdings vorerst unklar, ob die schnelleren Spermien den Männchen wirklich zu mehr Nachwuchs verhelfen. In zukünftigen Studien würde Reuland zudem gerne genauer untersuchen, wie die unterschiedliche körperliche Verfassung der Kontrahenten zustande kommt: „Es wäre interessant zu wissen, ob die überlegenen Tiere es vielleicht schaffen, den Energiehaushalt ihrer Rivalen zu schwächen – und sich hierdurch einen Fortpflanzungsvorteil sichern.“
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