Neue Art entdeckt: Fleischfressende „Knochensammler“-Raupe dekoriert ihre Seidenhülle mit Körperteilen von Insekten

Forschende haben auf Hawaii eine bislang unbekannte Schmetterlingsraupe entdeckt: Sie ernährt sich von Insekten und arbeitet deren Körperteile in ihre Seidenhülle ein. Möglicherweise tarnt sie sich dadurch vor den Spinnen, an deren Beute sie sich bedient.

von Niklas Kästner

Eine Knochensammler-Raupe (links) im Netz neben einer Spinne mit Eisack (Foto: Rubinoff lab, Entomology Section, University of Hawaii, Manoa)

Die allermeisten Schmetterlingsraupen sind Pflanzenfresser. Doch es gibt Ausnahmen – und zu diesen gehört der Nachwuchs einer Prachtfalter-Art (Gattung Hyposmocoma), die ein Forschungsteam um Daniel Rubinoff und Camiel Doorenweerd jüngst auf der Insel O’ahu entdeckt hat.

Um an Beute zu gelangen, setzen die Raupen auf eine gewiefte Strategie: Sie leben als Untermieter von Spinnen in Baumhöhlen oder Felslöchern, und fressen die Insekten, die den Achtbeinern ins Netz gehen. Beine, Flügel oder Köpfe ihrer Beute weben sie dann in die Seidenhülle ein, die ihre Körper umgibt – weshalb die Forschenden ihnen den Namen „bone collector“, also „Knochensammler“, gaben.

Warum die Schmetterlingslarven sich auf diese kuriose Weise dekorieren, ist bislang nicht klar. Das Forschungsteam hält aber einen Zusammenhang mit ihrer Lebensweise für möglich. So sind die Raupen vermutlich auf eine gewisse Tarnung angewiesen sein, damit die Spinnen, an deren Vorrat sie sich bedienen, nicht auf sie aufmerksam werden. Und genau dabei könnte die Hülle aus Insektenteilen eine Rolle spielen.

Als die Forschenden Knochensammler-Raupen einfingen, stellten sie fest, dass diese auch ihre Artgenossen fressen, wenn sie die Gelegenheit dazu haben. (Video: Rubinoff lab, Entomology Section, University of Hawaii, Manoa)

Es bleibt zu hoffen, dass wir durch zukünftige Untersuchung mehr über das Verhalten dieser außergewöhnlichen Raupen erfahren. Entscheidend dafür ist aber, dass sie uns erhalten bleiben – und das ist keineswegs gewiss. Denn die Forschenden fanden die Tiere nur in einem ca. 15 Quadratkilometer großen Gebiet auf einer einzigen Insel, wo verschiedene invasive Arten der heimischen Tierwelt zu schaffen machen. Vor diesem Hintergrund spricht sich das Team eindringlich für Schutzmaßnahmen aus – damit die gerade erst entdeckte Spezies nicht schon bald unwiederbringlich verschwindet.


Zur Fach-Publikation:
Rubinoff, D.; San Jose, M. & Doorenweerd, C. (2025): Hawaiian caterpillar patrols spiderwebs camouflaged in insect prey’s body parts. Science.

Aus unserer Rubrik: „In aller Kürze“.

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