Infektionsschutz unter Wasser: Steinkorallen profitieren von Seegurken

Eine aktuelle Studie zeigt: Wo Seegurken leben, geht es Steinkorallen besser. Das liegt offenbar daran, dass Erstere bei der Nahrungsaufnahme das Sediment reinigen – und so dafür sorgen, dass die Korallen sich seltener mit Krankheiten infizieren.

von Niklas Kästner

Seegurken und Korallen in Französisch-Polynesien (Foto: Georgia Institute of Technology, Cody Clements)

In manchen Bereichen der Welt gelten Seegurken als Delikatesse. Darüber hinaus werden ihnen Heilkräfte zugeschrieben. Seit dem 19. Jahrhundert werden den Ozeanen daher mehr und mehr der Stachelhäuter entnommen – derzeit sind es Schätzungen zufolge etwa eine Milliarde Tiere pro Jahr. Doch ihr Rückgang könnte ernste Folgen für andere Meeresbewohner haben. So zeigt eine aktuelle Studie: Steinkorallen geht es schlechter, wenn sich in ihrer direkten Umgebung keine Seegurken aufhalten.

Zwei Experimente – gleiches Ergebnis

Im Rahmen der Untersuchung führte ein Team um Cody Clements und Mark Hay ein Experiment im Meer vor einer Insel in Französisch-Polynesien durch, wo Seegurken der Art Holothuria atra in großer Zahl vorkommen. Die Forschenden pflanzten in zwanzig 6–12 Quadratmeter großen Bereichen des Riffs jeweils fünf Kleinpolypige Steinkorallen (Acropora pulchra) in den sandigen Boden. Die Hälfte dieser Flächen befreiten sie regelmäßig von Seegurken, die andere Hälfte nicht. Nach 45 Tagen zeigte sich: In den Bereichen mit Seegurken hatten 98 Prozent der Korallen überlebt – in den Bereichen ohne Seegurken hingegen nur 70 Prozent. Ein vergleichbares Experiment, das die Forschenden anschließend an einem 3.000 Kilometer entfernten Atoll durchführten, erbrachte ein ähnliches Ergebnis.

Seegurken reinigen das Sediment

Bei beiden Experimenten begann das Absterben der Korallen stets dort, wo diese den sandigen Boden berührten, und breitete sich von dort nach oben aus. Das lässt darauf schließen, dass sie sich mit Krankheitserregern aus dem Sediment infizierten – und dass dies seltener dort passierte, wo Seegurken lebten. Wie lässt sich das erklären?

Die Seegurken in den Untersuchungsgebieten ernähren sich von Bakterien, Mikroalgen und anderem organischen Material im Boden. Dafür nehmen sie große Mengen des Sediments auf und scheiden es anschließend wieder aus – ein einzelnes Tier filtert so etwa 80 Kilogramm Bodenmaterial pro Jahr. Die Forschenden vermuten, dass die Seegurken durch diese kontinuierliche Reinigung des Sediments die Zahl der Krankheitserreger reduzieren und so die Korallen vor Infektionen schützen.

Eine Seegurke beim Fressen – gut zu erkennen sind auch die Ausscheidungen (Video: Georgia Institute of Technology, Cody Clements)

Fazit

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Steinkorallen seltener erkranken, wenn in ihrer Umgebung Seegurken leben. Insofern ist es besorgniserregend, dass die Stachelhäuter noch immer in großer Zahl gefangen werden. Denn gerade jetzt ist der Schutz vor Infektionen für die Korallen von besonderer Bedeutung. So sind sie unter anderem im Zuge der fortschreitenden Klimaerwärmung großem Stress ausgesetzt – und dieser macht bekanntlich anfälliger für Krankheiten.


Zur Fach-Publikation:
Clements, C. S.; Pratte, Z. A.; Stewart, F. J. & Hay, M. E. (2024): Removal of detritivore sea cucumbers from reefs increases coral disease. Nature Communications.

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