Langlebige Tropenvögel verzichten bei Dürre auf die Fortpflanzung – und scheinen so ihre Überlebenschancen zu verbessern

Der Einsatz für den Nachwuchs verlangt Eltern oftmals einiges ab. Eine aktuelle Studie zeigt: In außergewöhnlich trockenen Jahren verzichten manche Tropenvögel aufs Brüten. Dadurch erhöhen sie anscheinend ihre Chance, die Dürre zu überleben.

von Niklas Kästner

Manche Tropenvögel verzichten während einer Dürre auf die Fortpflanzung.
Beim Einsiedlerzaunkönig (Henicorhina leucophrys) ermittelten die Forscher während der Dürre eine um 80 Prozent geringere Fortpflanzung (Foto: Francesco Veronesi via Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 2.0, zugeschnitten)

Tieren, die intensive Brutpflege betreiben, verlangt die Fortpflanzung einiges ab. Das kann die körperliche Verfassung der Eltern erheblich beeinträchtigen und dadurch sogar ihre Überlebenschancen verschlechtern. In einer aktuellen Studie an Tropenvögeln haben Wissenschaftler untersucht, wie sich extreme Trockenheit auf dieses Spannungsverhältnis zwischen Fortpflanzung und eigenem Überleben auswirkt. Sie stellten fest: In außergewöhnlich trockenen Jahren verzichteten viele Vertreter verhältnismäßig langlebiger Vogelarten aufs Brüten – und erhöhten so wahrscheinlich ihre Überlebenschancen.

Die Studie

Die Untersuchung führten die Forscher Thomas Martin und James Mouton in tropischen Gebieten auf zwei Kontinenten durch: In Venezuela und in Malaysia. An beiden Orten verfolgten sie die Fortpflanzungsraten verschiedener Arten während eines Dürrejahrs und während mehrerer Vergleichsjahre, indem sie ihre Nester zählten. Zusätzlich fingen sie wiederholt markierte Vögel ein, um die jährliche Überlebensraten der Arten zu bestimmen. 

Das Ergebnis

Die Dürre hatte beträchtlichen Einfluss auf das Brutgeschehen in den Untersuchungsgebieten. Allerdings hing dies von der durchschnittlichen Lebenserwartung einer Art ab: Je langlebiger eine Art, desto weniger Individuen brüteten im Dürrejahr im Vergleich zu den anderen Jahren. Gleichzeitig stieg mit zunehmenden Verzicht auf die Fortpflanzung die Überlebenswahrscheinlichkeit einer Art im betreffenden Jahr. Sie lag bei einigen sogar deutlich höher als in den Vergleichsjahren. Das lässt vermuten, dass langlebige Arten in außergewöhnlich trockenen Jahren mit der Fortpflanzung aussetzen und dadurch ihre Überlebenschancen verbessern.

Bei kurzlebigen Arten sank die Anzahl der Nester im Dürrejahr hingegen kaum und ihre Sterberate war deutlich höher als in den Vergleichsjahren. Vermutlich wiegt es bei diesen Vögeln schwerer, wenn sie eine Brutsaison aussetzen: Durch die kurze Lebensdauer ist es weniger wahrscheinlich, dass sie eine verpasste Fortpflanzungschance in den Folgejahren aufholen können.

Fazit

Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass Tropenvögel mit einer vergleichsweise langen Lebensdauer ihre Überlebenswahrscheinlichkeit steigern, indem sie in besonders trockenen Jahren mit der Fortpflanzung pausieren. Das könnte sich zukünftig auszahlen: Durch die Klimaveränderung werden Dürrejahre häufiger, und Simulationen der Forscher zeigen, dass die Strategie der langlebigen Arten negative Auswirkungen des Klimas auf ihre Populationsentwicklung abpuffern könnte.

Allerdings gibt es dabei Ausnahmen – auch das wurde in der Studie deutlich. Einige Arten pflanzten sich im Dürrejahr seltener fort und hatten trotzdem ein höheres Sterberisiko. Das betraf solche Vögel, die in ihrer Lebensweise ganz besonders auf feuchte Gebiete angewiesen sind. In einer Zukunft mit häufigen Dürren wären sie die größten Verlierer.


Zur Fach-Publikation:
Martin, T. E. & Mouton, J. C. (2020): Longer-lived tropical songbirds reduce breeding activity as they buffer impacts of drought. Nature Climate Change.

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