„Stubenreine“ Kühe: Kälber lernen Latrinennutzung

Rinder urinieren für gewöhnlich, wann und wo es sie überkommt. Doch eine aktuelle Studie zeigt: Sie können durchaus lernen, sich nur an einem bestimmten Ort zu erleichtern. Dadurch ließen sich langfristig schädliche Ammoniakemissionen reduzieren.

von Niklas Kästner

Keine natürlichen Latrinennutzer: Rinder
Keine natürlichen Latrinennutzer: Rinder (Foto: Wolfgang Hasselmann via Unsplash, zugeschnitten)

Wenn sich Kot und Urin von Rindern mischen, entsteht umwelt- und klimaschädliches Ammoniak. Dem lässt sich entgegenwirken, indem man die Hinterlassenschaften der Tiere getrennt entsorgt. Dieses Vorhaben gestaltet sich in der Praxis allerdings schwierig, da Kühe ihr Geschäft meist dort erledigen, wo sie gerade gehen oder stehen. Doch das muss nicht so sein, wie eine aktuelle Studie belegt: Denn Rinder können lernen, zum Urinieren eine Latrine zu benutzen.

Ein Kalb sucht die Latrine auf und wird belohnt (Video: Leibniz-Institut für Nutztierbiologie, Dummerstorf)

Erfolgreiches Toilettentraining

Ein Forschungsteam um Neele Dirksen und Lindsay Matthews übte den „Toilettengang“ mit insgesamt 16 weiblichen Holsteinkälbern ab einem Alter von etwa vier Monaten. In der ersten Phase verbrachten die Tiere dazu wiederholt einige Zeit in einem als Latrine vorgesehenen Stallbereich. Jedes Mal, wenn die Kälber dort urinierten, erhielten sie an einem Futterspender eine Belohnung. Das lernten sie offensichtlich schnell: Schon bald wandten sie sich direkt dem Spender zu, nachdem sie ihr Geschäft verrichtet hatten.

In der zweiten Phase konnten sich die Kälber frei zwischen der Latrine und einem weiteren Abteil bewegen. Urinierten die Tiere im Latrinenbereich, erhielten sie wie gewohnt eine Belohnung – urinierten sie außerhalb davon, wurden sie für drei Sekunden mit Wasser besprüht. Das zeigte Wirkung: Elf Kälber verrichteten nach einer Weile ihr Geschäft zuverlässig im dafür vorgesehenen Bereich. Das galt auch, wenn sich der Stallbereich weiter vergrößerte: Zehn der elf Tiere suchten weiterhin regelmäßig die Latrine auf.

Fazit

Die Ergebnisse der Studie belegen, was die Forschenden schon länger vermuteten: Auch Kühe können „stubenrein“ werden. Das erfordert zwar einigen Aufwand – dieser könnte sich aber lohnen: Die Wissenschaftler*innen erwähnen eine Modellrechnung, nach der die Ammoniakemissionen in der Rinderhaltung um gut die Hälfte gesenkt werden könnten, wenn ein Großteil des Harns der Tiere gesondert aufgefangen würde.


Zur Fach-Publikation:
Dirksen, N.; Langbein, J.; Schrader, L.; Puppe, B.; Elliffe, D.; Siebert, K.; Röttgen, V. & Matthews, L. (2021): Learned control of urinary reflexes in cattle to help reduce greenhouse gas emissions. Current Biology 31.

Wir freuen uns über Anmerkungen, Fragen oder Feedback im Kommentarbereich! Allerdings behalten wir uns vor, Kommentare zu löschen, die unserer Meinung nach rechtswidrig oder aus anderen Gründen unangemessen sind. Bitte beachten Sie auch die Hinweise zur Kommentarfunktion in unserer Datenschutzerklärung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert