Wilde Kakadus nutzen selbstgebasteltes Besteck

In einer aktuellen Studie beobachteten Forschende, wie sich wilde Goffinkakadus verschiedene Werkzeuge aus Ästen zurechtzwickten. Diese verwendeten die Vögel anschließend wie Besteck, um an das weiche Innere von großen, hartschaligen Samen zu gelangen.

von Tobias Zimmermann

Die Videoaufnahmen aus dem Tanimbar Goffin Lab zeigen, wie sich Kakadus Holzstücke zurechtzwicken, mit denen sie anschließend die hartschaligen Samen des Seemangobaums bearbeiteten (Video: Mark O’Hara, zugeschnitten)

Wir Menschen lernen schon von klein auf, im Alltag mit ganz unterschiedlichen Werkzeugen zu hantieren. Wenn wir zum Beispiel eine Kiwi essen, schneiden wir diese meist mit einem Messer auf, um das Fruchtfleisch anschließend mit einem Löffel in unseren Mund zu befördern. Eine aktuelle Studie zeigt, dass auch Goffinkakadus (Cacatua goffiniana) mehrere Hilfsmittel mit unterschiedlichen Funktionen einsetzen, um an begehrte Nahrung zu gelangen – und nicht nur das: Sie fertigen ihr „Besteck“ sogar selbst an.

Geschickte Vögel

 Die beiden Forschenden Mark O’Hara und Berenika Mioduszewska im Tanimbar Goffin Lab.
Die beiden Forschenden Mark O’Hara und Berenika Mioduszewska im Tanimbar Goffin Lab (Foto: Berenika Mioduszewska, zugeschnitten)

Ein Forschungsteam um Mark O’Hara, Berenika Mioduszewska und Alice Auersperg untersuchte das Verhalten von 15 wilden Goffinkakadus, die vorübergehend in einem Außengehege der Feldstation „Tanimbar Goffin Lab“ auf der indonesischen Insel Yambdena untergebracht waren. Als die Papageien Früchte von Seemangobäumen (Cerbera manghas) als Nahrung serviert bekamen, machte das Team eine bemerkenswerte Beobachtung: Zwei der Tiere zwickten mit ihrem Schnabel wiederholt kleine Äste von umgebenden Pflanzen ab, mit denen sie die Samen der Früchte anschließend ausgiebig bearbeiteten.

Die Forschenden nahmen das auffällige Verhalten der Vögel daraufhin genauer unter die Lupe: Sie filmten die Tiere beim Herstellen und Einsatz ihrer Hilfsmittel und sammelten diese anschließend ein, um deren Form und Größe zu bestimmen.

Selbstgebautes Besteck

Die Filmaufnahmen zeigten, wie die Kakadus abgetrennte Astfragmente äußerst geschickt mit der Zunge im Schnabel drehten und dabei auf ein bestimmtes Maß stutzten. Auf diese Weise fertigten sie verschiedene Werkzeuge mit unterschiedlichen Funktionen: Zunächst zwickten sie sich dünne, spitze Holzstäbchen zurecht. Damit pickten sie in den schmalen Spalt, den die harte Schale um den Samen aufweist. So zerstachen sie offenbar die schützende Hautschicht, die das weiche Innere des Samens umgibt. Anschließend fertigten sie größere Stäbchen, mit denen sie das freigelegte Material durch den Spalt herauslöffelten, um es umgehend zu vertilgen.

Ein Goffinkakadu verwendet ein kleines Holzstäbchen um an das nahrhafte Innere eines hartschaligen Samens zu kommen.
Ein Goffinkakadu verwendet ein kleines Holzstäbchen um an das nahrhafte Innere eines hartschaligen Samens zu kommen (Foto: Mark O’Hara, zugeschnitten)

Ein Keil als weiteres Werkzeug

Einer der beiden Kakadus verwendete sogar noch ein weiteres Hilfsmittel: Er kappte gelegentlich ganze Äste und spaltete von den entstandenen Stümpfen ein keilartiges Holzstück ab. Mit diesen klemmte er den schmalen Spalt in der Schale des Samens auf, bevor er sich mit den anderen Werkzeugen an dessen Inhalt zu schaffen machte.

Fazit

Die Beobachtungen des Forschungsteams belegen, dass Goffinkakadus verschiedene Werkzeuge mit unterschiedlichen Funktionen anfertigen und in bestimmter Abfolge einsetzen, um an schwerzugängliche Nahrung zu gelangen. Wie weit der Besteckeinsatz in der Kakadupopulation verbreitet ist, können die Forschenden zwar nicht sagen. Erste Beobachtung weisen jedoch darauf hin, dass weitere Artgenossen in freier Wildbahn ähnlich „schnabelfertig“ sind.


Zur Fach-Publikation:
O’Hara, M.; Mioduszewska, B.; Mundry, R.; Dalimunthe, Y.; Haryoko, T.; Rachmatika, R.; Prawiradilaga, D. M.; Huber, L. & Auersperg, A. M. I. (2021): Wild Goffin’s cockatoos flexibly manufacture and use tool sets. Current Biology 31: 1–9.

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