Jugendbande: Männliche Delfine „netzwerken“ bereits vor der Geschlechtsreife

Indopazifische Große Tümmler müssen sich im Jugendalter in einem komplexen sozialen Umfeld zurechtfinden. Einer aktuellen Studie zufolge bevorzugen sie dabei den Kontakt zu Artgenossen des gleichen Geschlechts. Außerdem unterscheiden sich Männchen und Weibchen deutlich in ihrer Kontaktfreudigkeit.

von Tobias Zimmermann

Maenlliche Tuemmler "netzwerken" bereits im Jugendalter
Indopazifische Große Tümmler bevorzugen im Jugendalter Kontakt zu Artgenossen des gleichen Geschlechts (Foto: טל שמע via Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 4.0)

Wie viele andere Tiere sind Große Tümmler im Jugendalter mit vielen Änderungen und Herausforderungen konfrontiert. Mit durchschnittlich etwa vier Jahren werden junge Delfine nicht mehr gesäugt und entfernen sich zunehmend von ihrer Mutter. Dabei müssen sie sich in einem hochkomplexen sozialen Umfeld zurechtfinden. Die Delfine leben in einem Fission-Fusion-System (aus dem Englischen; fission: Aufspaltung, fusion: Vereinigung), bei dem sich einzelne Tiere immer wieder in losen Gruppen zusammenschließen. Dadurch ändern sich die Zusammensetzungen der Gruppen regelmäßig und die Meeressäuger interagieren mit vielen verschiedenen Artgenossen.  

Eine aktuelle Studie der Wissenschaftlerinnen Allison Galezo, Janet Mann und ihren Kolleginnen zeigt, dass sich die Delfine im Jugendalter bevorzugt mit Artgenossen des gleichen Geschlechts zusammentun und dass sich die sozialen Netzwerke von Männchen und Weibchen stark unterscheiden.   

Die Studie

Die Forscherinnen analysierten für ihre Untersuchung Daten von über 1.700 Indopazifischen Großen Tümmlern (Tursiops aduncus) einer Population in der westaustralischen Shark Bay, die über fast 30 Jahre gesammelt wurden. Sie konzentrierten sich dabei auf Tiere in der juvenilen Phase, also nach der Entwöhnung und vor dem Eintreten der Geschlechtsreife ab einem Alter von etwa zehn Jahren. Die Wissenschaftlerinnen untersuchten ausschließlich Interaktionen zwischen jugendlichen Tieren, wenn keine erwachsenen Artgenossen in der Nähe waren, um deren Einfluss auf das jugendliche Zusammenleben auszuschließen.

Jugendliches Zusammenleben in „Cliquen“

Sowohl männliche als auch weibliche Delfine waren im Jugendalter vorwiegend allein oder mit gleichgeschlechtlichen Artgenossen unterwegs. Die Zusammensetzung solcher Gruppen war relativ lose und veränderte sich im Schnitt etwa alle zehn Minuten, indem sich ein Tier anschloss oder die Gruppe verließ.

Trotz der wechselnden Zusammenschlüsse hatten die jugendlichen Meeressäuger enge Verbindungen zu einzelnen Individuen, mit denen sie regelmäßig in Kontakt traten – insbesondere zu Geschlechtsgenossen und verwandten Tieren. Dabei bildeten sie häufig „Cliquen“, bei denen die verschiedenen Bindungspartner eines Tieres auch untereinander enge Verbindungen pflegten.

Unterschiede zwischen den Geschlechtern

Männchen und Weibchen blieben nicht nur bevorzugt „unter sich“ – sie unterschieden sich auch deutlich in ihrer Kontaktfreudigkeit. Männchen hatten ein größeres soziales Netzwerk aus Altersgenossen des gleichen Geschlechts, mit denen sie regelmäßig interagierten. Außerdem waren diese Beziehungen wesentlich stärker ausgeprägt als bei den Weibchen. Darüber hinaus zeigten Männchen mehr freundliches Verhalten gegenüber jugendlichen Artgenossen als Weibchen – beispielsweise in Form von Körperkontakt. Weibchen waren dagegen häufiger allein oder in kleineren Gruppen unterwegs und verbrachten etwa doppelt so viel Zeit mit der Futtersuche wie Männchen.

Fazit

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die sozialen Netzwerke männlicher und weiblicher Delfine im Jugendalter stark unterscheiden. Wie lässt sich das erklären? Die Autorinnen der Studie vermuten, dass sich dies auf die verschiedenen Fortpflanzungsstrategien der Geschlechter im Erwachsenenalter zurückführen lässt. Die männlichen Delfine in der Shark Bay können sich üblicherweise nur dann erfolgreich fortpflanzen, wenn sie ein Weibchen im Team „erobern“ und gegen Konkurrenten verteidigen. Daher sind enge Verbindungen zu Geschlechtsgenossen für sie von entscheidender Bedeutung. Weibchen hingegen sind weniger auf feste Bindungspartner angewiesen. Dafür haben sie als Mütter einen erhöhten Energiebedarf – den es durch ausreichende Nahrungsaufnahme zu stillen gilt.


Zur Fach-Publikation:
Galezo, A. A.; Foroughirad, V.; Krzyszczyk, E.; Frère, C. H.; & Mann, J. (2020): Juvenile social dynamics reflect adult reproductive strategies in bottlenose dolphins. Behavioral Ecology.

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