Männchen keuchen, Weibchen zischen: Akustische Kommunikation bei Nashörnern

Breitmaulnashörner sind nicht gerade für ihre Gesprächigkeit bekannt. Doch auch sie verfügen über verschiedene Laute, um sich mit ihren Artgenossen zu verständigen. Eine aktuelle Studie bietet einen faszinierenden Einblick in die akustische Kommunikation der Tiere. 

von Niklas Kästner

Im Rahmen der Studie wurden Breitmaulnashörner in deutschen Zoos beobachtet
Im Rahmen der Studie wurden Breitmaulnashörner in deutschen Zoos beobachtet (Foto: Julia Jenikejew, zugeschnitten)

Der Hund bellt, die Katze miaut, der Elefant trompetet – und das Nashorn? Die grauen Riesen sind nicht gerade für lautstarke Kommunikation bekannt. Doch auch sie können sich durchaus Gehör verschaffen. Etwa zehn verschiedene Laute umfasst zum Beispiel das Repertoire des südlichen Breitmaulnashorns (Ceratotherium simum simum), darunter Zischen, Grunzen, Keuchen und Schnauben. Welche Rolle die Töne im Alltag der Tiere spielen, hat ein Forschungsteam in einer aktuellen Studie untersucht.

Die Studie

Breitmaulnashörner gelten als „semi-soziale“ Tiere. In der Natur sind die Männchen, abgesehen von der Paarungszeit, überwiegend allein unterwegs. Die weiblichen Tiere schließen sich aber gelegentlich für einige Zeit mit anderen Weibchen zusammen. In Zoos werden Breitmaulnashörner entsprechend häufig in Harem-Gruppen aus einem Männchen und mehreren Weibchen gehalten.

Die Wissenschaftlerinnen Julia Jenikejew und Marina Scheumann haben mit ihren Kolleginnen insgesamt 30 Breitmaulnashörner in verschiedenen Zoos „interviewt“, im Zoo Augsburg, im Zoopark Erfurt, in der ZOOM Erlebniswelt Gelsenkirchen, im Serengeti-Park Hodenhagen, im Allwetterzoo Münster, im Zoo Osnabrück und im Zoo Schwerin. Über jeweils mehrere Wochen beobachteten die Forscherinnen das Verhalten der Tiere und zeichneten ihre Rufe auf.

Die Wissenschaftlerin Julia Jenikejew beim „Belauschen“ der Nashörner (Foto: Julia Jenikejew, zugeschnitten)

Das Ergebnis

Die spannendsten Befunde betrafen zwei besonders oft ausgestoßene Laute: Keuchen und Zischen. Das Keuchen war wesentlich häufiger von männlichen Nashörnern zu hören. Diese Töne geben die Tiere vor allem bei der „Brautwerbung“ von sich. Die Weibchen hingegen zischten deutlich mehr als ihre männlichen Artgenossen – und ganz besonders oft, wenn sie mit letzteren interagierten. Beim Zischen handelt es sich um einen Drohlaut. Vermutlich wehrten die Weibchen damit die von Keuchen begleiteten Annäherungsversuche der Männchen ab.

Darüber hinaus ergab die Untersuchung: Beim Anzischen ihrer Geschlechtsgenossinnen unterschieden weibliche Nashörner zwischen einzelnen Tieren. Weibchen, mit denen sie oft eng beieinander standen, zischten sie seltener an. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass die „semi-sozialen“ Breitmaulnashörner besondere Beziehungen zu bestimmten Tieren unterhalten.

Fazit

Die Studie gibt einen faszinierenden Einblick in die „Unterhaltungen“ der Nashörner. Gleichzeitig ist sie ein Beispiel für die wichtige Rolle, die Zoos in der Forschung spielen können. Die Erstautorin der Studie Julia Jenikejew hofft, dass ihre Ergebnisse dazu beitragen werden, die soziale Dynamik zwischen Breitmaulnashörnern besser zu verstehen – in der Wildnis und in Menschenhand. Auch an zukünftige Projekte denkt sie bereits und verriet uns: „In Folgestudien würde ich gerne erforschen, wie sich Sexualhormone auf die Kommunikation und das Verhalten der Nashörner auswirken. Dies könnte zu neuen Erkenntnissen im Bereich der Reproduktionsforschung beitragen bei dieser von Wilderei, Habitatverlust und Dürreperioden gebeutelten Art.“


Zur Fach-Publikation:
Jenikejew J.; Chaignon, B.; Linn, S. & Scheumann, M. (2020): Proximity-based vocal networks reveal social relationships in the Southern white rhinoceros. Scientific Reports 10: 15104.

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