Gefiederte Farmer: Leierschwänze schaffen sich ihre eigene Nahrungsgrundlage

Graurücken-Leierschwänze sind für ihr beeindruckenden gesanglichen Imitationskünste bekannt. Eine aktuelle Studie zeigt nun, dass die Vögel auch gewisse landwirtschaftliche Fähigkeiten besitzen: Sie lockern den Waldboden auf und sorgen so dafür, dass dort mehr ihrer Beutetiere leben können.

von Niklas Kästner

Ein Graurücken-Leierschwanz, fotografiert von einem der Forschenden (Foto: Alex Maisey, Lizenz: CC BY 4.0, zugeschnitten)

Graurücken-Leierschwänze (Menura novaehollandiae) sind im Osten Australiens weitverbreitet. Sie ernähren sich hauptsächlich von wirbellosen Tieren, die sie durch Scharren und Graben im Waldboden finden. Insofern könnte man annehmen, dass sich die Aktivität der großen Vögel ausgesprochen negativ auf das Vorkommen von Insekten, Würmern und Co. auswirkt – schließlich landen eine Menge von ihnen in ihren Mägen. Doch erstaunlicherweise ist das einer aktuellen Studie zufolge keineswegs der Fall.

Leierschwänze müssen draußen bleiben

Im Rahmen eines groß angelegten Experiments versperrten die Forschenden Alex Maisey, Angie Haslem und Andrew Bennet Leierschwänzen in mehreren Wäldern den Zugang zu bestimmten Bereichen mit großmaschigen Netzen. Anschließend verfolgten sie für zwei Jahre, wie sich die Biomasse der wirbellosen Tiere in diesen Gebieten im Vergleich zu frei zugänglichen Bereichen entwickelte. Das verblüffende Ergebnis: Sowohl dort, wo die Leierschwänze ausgesperrt waren, als auch dort, wo sie ungestört auf Nahrungssuche gehen konnten, blieb die Masse der bodenlebenden Tiere unverändert. Das heißt, trotz des beträchtlichen Appetits der Vögel hatte ihre Anwesenheit insgesamt keinerlei Einfluss auf das Vorkommen der Wirbellosen. Wie ist das möglich?

Leierschwanz-Imitation mit Harke

Eine Antwort auf diese Frage gab eine zusätzliche Versuchsbedingung: So hielten die Forschenden mit Netzen weitere Bereiche in den Wäldern frei von Leierschwänzen. In diesem Fall imitierten sie dort jedoch zusätzlich regelmäßig die Aktivität der Vögel mit kleinen Harken, mit denen sie im Boden kratzten. Sie hatten nämlich den Verdacht, dass sich diese mechanische Einwirkung positiv auf das Vorkommen der darin lebenden Tiere auswirkt. Und damit lagen sie genau richtig: Im Verlauf der zwei Jahre nahm deren Biomasse um mehr als 50 Prozent zu.

Zusammen mit den übrigen Versuchsbedingungen ergibt sich daraus ein klares Bild: Indem die Leierschwänze bei der Nahrungssuche den Boden auflockern und durchmischen, sorgen sie offenbar dafür, dass dort mehr wirbellose Tiere leben können. Der daraus resultierende Zuwachs der Wirbellosen entspricht dabei anscheinend ungefähr der Menge, die die Vögel selbst vertilgen – was dazu führt, dass ihre Anwesenheit im Endergebnis keinen Einfluss auf die Masse der bodenlebenden Wirbellosen hat.

Fazit

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich Graurücken-Leierschwänze auf gewisse Weise als „Farmer“ betätigen: Durch ihr Einwirken auf den Waldboden bei der Nahrungssuche verbessern sie die Bedingungen für ihre dort lebenden Beutetiere und schaffen sich so ihre eigene Nahrungsgrundlage. Dabei ist das Ausmaß der Aktivität der Vögel nicht zu unterschätzen. So kamen die Forschenden um Maisey und Bennet in einer früheren Untersuchung zu dem Schluss, dass Leierschwänze in Australien jedes Jahr durchschnittlich 155 Tonnen Bodenmaterial bewegen – und zwar pro Hektar.


Zur Fach-Publikation:
Maisey, A. C.; Haslem, A. & Bennett, A. F. (2025): Foraging activity by an ecosystem engineer, the superb lyrebird, ‘farms’ its invertebrate prey. Jornal of Animal Ecology.

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