Honigbienen bekleben ihre Nester zum Schutz vor Hornissen mit Tierkot

Riesenhornissen überfallen mitunter gemeinschaftlich ganze Bienenvölker. Dagegen ergreifen Asiatische Honigbienen eine erstaunliche Schutzmaßnahme: Einer aktuellen Studie zufolge dekorieren sie ihren Nesteingang mit dem Kot anderer Tiere – und senken so das Risiko eines Angriffs.

von Niklas Kästner

Asiatische Honigbienen bekleben ihren Nesteingang mit Tierkot
Asiatische Honigbienen bekleben ihren Nesteingang mit Tierkot (Foto: Mattila et al. 2020, Lizenz: CC BY 4.0, Screenshot aus Video, zugeschnitten)

Asiatische Honigbienen (Apis cerana) müssen sich vor einigen Hornissenarten in Acht nehmen – doch unter diesen stechen die Riesenhornissen (Vespa mandarinia bzw. Vespa soror) ganz besonders hervor. Sie erbeuten nicht nur einzelne Tiere, sondern überfallen oft gleich einen ganzen Staat: Nachdem eine Kundschafterin ein Nest entdeckt hat, greifen bis zu fünfzig Hornissen gemeinsam an und töten unter Umständen binnen weniger Stunden tausende Bienen – pro Kopf. Ist der Widerstand der Gegnerinnen erstmal gebrochen, besetzen die Hornissen das Nest und tragen die Bienenlarven fort, um damit ihren eigenen Nachwuchs zu füttern.  

Riesenhornissen der Art Vespa soror haben einen Bienenstock entdeckt (Video: Mattila et al. 2020, Lizenz: CC BY 4.0)

Bei solchen Feinden ist es nicht verwunderlich, dass die Bienen teils spektakuläre Verteidigungsstrategien entwickelt haben. Gut untersucht ist der sogenannte „Hitzeball“: Dabei umschwärmen mehrere Bienen dicht gedrängt eine Hornisse und erzeugen durch schnelle Flügelbewegungen so viel Wärme, dass die Gegnerin stirbt. Eine ganz andere Form der Abwehr haben Forschende nun erstmals in einer Studie beschrieben: Asiatische Honigbienen kleben den Kot anderer Tiere rund um die Eingänge ihrer Nester – und halten dadurch die Hornissen auf Abstand.

Kotklebende Bienen

Ein Forschungsteam um Heather Mattila und Ngoc Phan entdeckte auf Bienenstöcken in mehreren vietnamesischen Imkereien markante, erhabene Flecken. Eine Umfrage zeigte, dass dieses Phänomen in Vietnam weit verbreitet ist: von 67 befragten Imker*innen mit Asiatischen Honigbienen berichteten 63 von entsprechenden Strukturen an ihren Bienenstöcken. Ein Bienenhalter war sich sicher, dass es sich dabei um den Kot größerer Tiere handelte – er hatte nämlich die Bienen beim Sammeln der Fäkalien beobachtet. Diesem auffälligen Verhalten der Bienen gingen die Forscher*innen in einer umfassenden Studie auf den Grund.

Zunächst erntfernten sie Flecken auf den Stöcken Asiatischer Honigbienen in drei Imkereien. Dann verteilten sie Kot verschiedener Tiere (Hühner, Schweine, Wasserbüffel und Rinder) in der näheren Umgebung und beobachteten die Bienen für zehn Tage. Das Ergebnis: Die fleißigen Insekten flogen wiederholt zu den Kothaufen, sammelten Material und befestigten es rund um den Eingang ihres Nests. Der Imker lag mit seiner Einschätzung also richtig – bei den auffälligen Flecken an den Bienenstöcken handelte es sich tatsächlich um Kot.

Eine Asiatische Honigbiene beim Kotsammeln (Video: Mattila et al. 2020, Lizenz: CC BY 4.0)

Verstärktes Kotkleben nach Hornissenangriff

Mehrere Imker*innen berichteten, dass die Zahl der Kotflecken rapide stieg, nachdem ein Bienenstock von Hornissen der Art Vespa soror attackiert wurde. Diese Einschätzung konnten die Forscher*innen in einem Experiment bestätigen: An Bienenstöcken, die von den Hornissen attackiert wurden, nahm die Fleckendichte in den Stunden danach wesentlich stärker zu als an Stöcken, die verschont blieben. Selbst aufgetragene Duftstoffe der Hornissen am Nesteingang reichten aus, um die Bewohnerinnen zum verstärkten Kotkleben zu animieren.

Dabei scheint es sich um eine spezifische Antwort auf die besonders bedrohlichen Feinde zu handeln: Näherten sich Hornissen einer weniger gefährlichen Art (Vespa velutina) den Stöcken, löste das bei den Bienen keine erhöhte Kotklebe-Aktivität aus.

Asiatische Honigbienen beim Kotkleben (Video: Mattila et al. 2020, Lizenz: CC BY 4.0)

Kotkleben zeigt Wirkung

Die bisherigen Ergebnisse legen nahe, dass die Bienen ihren Nesteingang zum Schutz vor Vespa soror mit Kot bekleben. Aber zeigt diese Maßnahme tatsächlich Wirkung?

Um das zu überprüfen, verglichen die Wissenschaftler*innen das Verhalten von Hornissen an Bienenstöcken mit verschiedener Fleckendichte. Das Ergebnis war beeindruckend: War der Eingang mit viel Kot beklebt, griffen die Hornissen seltener gemeinschaftlich an und ihre „Besuche“ dauerten kürzer. Außerdem verbrachten sie weniger Zeit in der Nähe des Nesteingangs und versuchten seltener, das Eingangsloch größer zu nagen – es ist nämlich extra so schmal, dass bloß die Bienen hindurchpassen.

Fazit

Die Studie lässt den Schluss zu, dass die Bienen ihre Nesteingänge mit dem Kot anderer Tiere dekorieren, um die Hornissen von dort fernzuhalten. Doch wie genau funktioniert diese faszinierende Schutzmaßnahme? Die Forschenden vermuten, dass der Tierkot bestimmte Geruchsstoffe enthält, die die Hornissen abstoßen. Eine plausible Hypothese – und ein spannender Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen. Übrigens: die im gleichen Gebiet gehaltenen Westlichen bzw. Europäischen Honigbienen (Apis mellifera) scheinen diese Abwehrmethode nicht zu kennen – zumindest wurden sie nie beim Kotkleben beobachtet.


Zur Fach-Publikation:
Mattila, H. R.; Otis G. W.; Nguyen, L. T. P.; Pham, H. D.; Knight, O. M. & Phan, N. T. (2020): Honey bees (Apis cerana) use animal feces as a tool to defend colonies against group attack by giant hornets (Vespa soror). PLoS ONE 15(12): e0242668.

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