Infektionsschutz bei Mandrillen: Individuelle Unterschiede in Sachen Hygiene

Mandrille meiden bei der Fellpflege die Afterregion ihrer Artgenossen, wenn diese stark von Parasiten befallen sind. Einer aktuellen Studie zufolge gilt dies allerdings nicht für alle Individuen gleichermaßen – wobei Mütter durch ihr Vorbild offenbar das spätere Hygieneverhalten ihrer Töchter beeinflussen.

von Niklas Kästner

Achten bei der gegenseitigen Fellpflege auf den Infektionsschutz: Mandrille (Foto: santonii via Unsplash, zugeschnitten)

Mandrille (Mandrillus sphinx) leben in großen Gruppen aus bis zu mehreren hundert Tieren. Den Kern dieser Gemeinschaften bilden die Weibchen, während die Männchen außerhalb der Paarungszeit häufig allein unterwegs sind. Wie bei anderen Primaten, spielt die gegenseitige Körperpflege – das sogenannte „Groomen“ – bei den Tieren eine wichtige Rolle für den sozialen Zusammenhalt.

Allerdings zeigten jüngere Untersuchungen, dass sie dabei eine gewisse Vorsicht walten lassen: Wenn es sich nicht gerade um nahe Verwandte handelt, groomen sie ihre Artgenossen umso seltener, je stärker diese von Magen-Darm-Parasiten befallen sind. Dabei meiden sie insbesondere den Bereich um den After, der ein besonderes Infektionsrisiko birgt. In einer aktuellen Studie haben die Forschenden Clémence Poirotte und Marie Charpentier dieses Hygieneverhalten genauer unter die Lupe genommen – und sind dabei auf interessante Unterschiede zwischen den Individuen gestoßen.

Unterschiede in Bezug auf die Hygieneneigung

Das Team analysierte Daten zum Körperpflegeverhalten weiblicher Mandrille einer Population in Gabun aus einem Zeitraum von sechs Jahren. Dabei zeigten sich erhebliche individuelle Unterschiede: Manche Weibchen berührten bei der Fellpflege die riskante Aftergegend ihrer Artgenossen wesentlich häufiger als andere – und diese Unterschiede zwischen den Tieren blieben über die Zeit konstant.

Ähnlichkeiten zwischen Müttern und Töchtern

Interessanterweise ergab eine nähere Betrachtung, dass sich Mütter und Töchter stark darin ähnelten, wie sehr sie die Afterregion beim Groomen mieden – was darauf schließen lässt, dass Erstere diese an Letztere weitergeben. Aber auf welchem Weg geschieht dies? Spielt dabei Vererbung oder eher soziales Lernen eine Rolle?

Um diese Frage zu beantworten, verglich das Team die beobachtete Hygieneneigung auch zwischen Halbschwestern und stellte fest: Während diese sich bei Tieren mit derselben Mutter ebenfalls glich, war dies nicht der Fall bei Tieren mit demselben Vater. Dieses Ergebnis spricht nicht für eine Vererbung, da Halbschwester mütterlicher- und väterlicherseits im Durchschnitt den gleichen Prozentsatz ihrer Gene teilen. Was sich allerdings unterscheidet ist das frühe soziale Umfeld: Letztere wachsen im Gegensatz zu Ersteren bei unterschiedlichen Müttern auf – und entsprechend mit unterschiedlichen Vorbildern. Insofern deutet das Ergebnis auf eine soziale Weitergabe der Hygieneneigung hin, wobei Töchter durch Beobachtung von ihren Müttern lernen.

Fazit

Die Studie zeigt klar, dass weibliche Mandrille sich individuell darin unterscheiden, wie stark sie beim Groomen die mit hohem Infektionsrisiko verbundene Analregion ihrer Artgenossen meiden. Darüber hinaus legen die Ergebnisse nahe, dass sich heranwachsende Tiere diesbezüglich offenbar am Verhalten ihrer Mütter orientieren.

Eine gewisse Vorsicht bei der Körperpflege in Bezug auf das Infektionsrisiko scheint sich einem weiteren Befund der Forschenden zufolge tatsächlich auszuzahlen: Je seltener ein Weibchen bei der Fellpflege den Afterbereich anderer Tiere berührte, desto geringer war sein Parasitenbefall. Das wirft die Frage auf, warum nicht alle Tiere diesbezüglich gleichermaßen Zurückhaltung walten lassen. Die Forschenden vermuten als Grund dafür, dass die Pflege der Afterregion eines Artgenossen auch einige Vorteile bietet: So machen sich die dort groomenden Tiere möglicherweise besonders beliebt – denn für einen Mandrill ist dieser Bereich selbst nur schwer zu erreichen.


Zur Fach-Publikation:
Poirotte, C. & Charpentier, M. J. E. (2023): Mother-to-daughter transmission of hygienic anti-parasite behaviour in mandrills. Proceedings of the Royal Society B.

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