Gefiederte Problemlöser: Kakadus verwenden und transportieren passende Werkzeugsets

In einer aktuellen Studie lernten Goffinkakadus selbstständig, durch den Einsatz von zwei Werkzeugen eine Belohnung zu ergattern. Dabei bewiesen manche von ihnen ganz besonderen Durchblick: Wenn erforderlich, transportierten sie gleich beide Hilfsmittel zum Einsatzort.

von Tobias Zimmermann

Ein Goffinkakadu zersticht eine Membran mit einem Holzstab (Foto: Thomas Suchanek; Lizenz: CC BY-SA 4.0, zugeschnitten, Kontrast verstärkt)

Vor Kurzem belegte eine Studie eindrucksvoll, wie Goffinkakadus (Cacatua goffiniana) verschiedene Werkzeuge mit unterschiedlichen Funktionen verwenden, um an schwerzugängliche Nahrung zu gelangen. Eine aktuelle Studie legt nahe, dass manche der Vögel sogar wissen, welche Werkzeuge sie zum Lösen eines bestimmten Problems benötigen – auch dann, wenn sie dafür mehrere nacheinander einsetzen müssen.      

Innovative Problemlösung

Zunächst konfrontierte ein Forschungsteam um Antonio Osuna-Mascaró und Alice Auersperg zehn Goffinkakadus wiederholt mit einer zuvor unbekannten Problemstellung. Für deren Lösung waren die Vögel darauf angewiesen, zwei Werkzeuge in einer bestimmten Reihenfolge einzusetzen: Erst galt es für die Kakadus, mit einem kurzen Holzstab eine Membran zu durchstechen, bevor sie sich mit einem längeren biegsamen Stab eine Futterbelohnung angeln konnten. Das gelang sechs der zehn Vögel innerhalb der ersten drei Anläufe – womit diese ihre Fähigkeit unter Beweis stellten, spontan mehrere Hilfsmittel auf innovative Weise anzuwenden, um ein Problem zu lösen.

Ein Kakadu beim Einsatz der Werkzeuge (Video: Osuna-Mascaró et al. 2023, Lizenz: CC BY 4.0, Ausschnitt)

Flexibler Werkzeuggebrauch

In einem weiteren Experiment überprüften die Forschenden, ob die Vögel die einzelnen Werkzeuge abhängig von der jeweiligen Herausforderung einsetzten. Dazu stellten sie die Tiere wiederholt vor die bereits bekannte Aufgabe – in der Hälfte der Durchgänge ließen sie allerdings die vorgespannte Membran weg, sodass die Tiere in diesem Fall nur den „Angelstab“ benötigten. Tatsächlich wählten die Vögel, die das vorherige Experiment bestanden hatten, in 85 % der Fälle das passende Werkzeug als erstes: den Holzstab, wenn eine Membran vorhanden war, und den Angelstab, wenn dies nicht der Fall war.

Transport passender Hilfsmittel

Wie gut die Vögel offenbar über das erforderliche Werkzeug Bescheid wussten, zeigte ein weiteres Experiment der Forschungsteams: Wenn sich die Hilfsmittel nicht unmittelbar dort befanden, wo sie benötigt wurden, transportieren die Kakadus diese zum Einsatzort. Dabei wählten immerhin zwei Tiere das Werkzeug sogar abhängig von der Aufgabe aus, die auf sie wartete: Sie griffen häufiger sowohl den Holz- als auch den Angelstab, wenn sie bei der Problemlösung auch tatsächlich auf beide Elemente angewiesen waren. Das lässt darauf schließen, dass die Tiere erkennen, dass beide Werkzeuge zum Lösen der Aufgabe nötig sind, noch bevor sie eines von beiden verwendet haben.

Ein Kakadu transportiert die Werkzeuge zur Versuchsapparatur und bringt sie dort nacheinander zum Einsatz (Video: Osuna-Mascaró et al. 2023, Lizenz: CC BY 4.0, Ausschnitt)

Fazit

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass zumindest einige Goffinkakadus Probleme innovativ mithilfe von mehreren unterschiedlichen Werkzeugen lösen können. Diese setzen sie je nach Bedarf flexibel ein und tragen sie, wenn nötig, sogar von einem Ort zum anderen mit sich. Demnach nehmen die Vögel die einzelnen Hilfsmittel offenbar als Teil eines gesamten Werkzeugsets wahr – eine Eigenschaft, für die es bisher nur beim Termitenangeln von Schimpansen ähnlich überzeugende Belege gab.


Zur Fach-Publikation:
Osuna-Mascaró, A. J.; O’Hara, M.; Folkertsma, R.; Tebbich, S.; Beck, S. R. & Auersperg, A. M. I. (2023): Flexible tool set transport in Goffin’s cockatoos. Current Biology 33.

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