Nicht immer herrscht zwischen Nachbarn Harmonie – doch bei den südamerikanischen Riesenanis geht es besonders hoch her: Einer aktuellen Studie zufolge zerstören die Vögel mitunter die Gelege von in der Nähe brütenden Artgenossen.
Die südamerikanischen Riesenanis (Crotophaga major) leben in sozialen Verbänden aus vier bis sieben erwachsenen Vögeln. Jede Gruppe baut ein gemeinsames Nest, in das die Weibchen ihre Eier legen, und alle Tiere beteiligen sich an der Aufzucht der Jungen.
So kooperativ sich die Vögel innerhalb der eigenen Gruppe verhalten, so rigoros gehen sie laut einer aktuellen Studie gegen die Konkurrenz vor: Sie zerstören mitunter die Gelege von in der Nähe nistenden Riesenanigruppen.
Die Studie
Eigentlich wollten Danielle Almstead und Christina Riehl mit ihren Kolleginnen untersuchen, wie sich die Nisthöhe der Riesenanis auf die Gefahr durch Nesträuber wie Kapuzineraffen auswirkt. Zu diesem Zweck verteilten sie zwölf künstliche Riesenaninester mit Eiern aus Lehm im Brutgebiet der Vögel in Panama. An jedem Nest brachten sie zusätzlich eine Kamerafalle mit Bewegungsauslöser an, um etwaige Eierdiebe auf Fotos festzuhalten.
Im Verlauf von einer Woche wurden fünf dieser künstlichen Gelege zerstört: Die Lehmeier wurden aus dem Nest befördert oder beschädigt. Doch nur in zwei Fällen war der Täter ein Kapuzineraffe – die übrigen drei gingen auf das Konto von Riesenanis. An einem Nest beteiligten sich gleich mehrere erwachsene Vögel an der Sabotage-Aktion.
Völlig ungeplant gelangten die Forscherinnen so an Belege für einen schon länger gehegten Verdacht: In zehn Jahren Forschung an Riesenanis entdeckten Christina Riehl und ihre Kolleg*innen insgesamt 18 zerstörte Gelege, bei denen die Eier zwar aus dem Nest befördert, aber nicht gefressen wurden. In 14 der 18 Fälle beobachteten sie in den Tagen vor oder nach der Verwüstung zudem heftige Konflikte zwischen den Nesteigentümern und einer in der Nähe brütenden Gruppe.
Fazit
Die Fotos aus der Kamerafalle belegen, dass Riesenanis mitunter die Gelege von Artgenossen attackieren. Wie lässt sich dieses Verhalten erklären?
Riesenanis verteidigen zwar ihr Nest, aber die Nahrungsgründe benachbarter Gruppen überlappen sich. Die Forschenden stellten fest, dass Gruppen fast immer den Nistplatz verließen, nachdem ihr Gelege zerstört wurde. Sie vermuten deshalb, dass Riesenanis ihre Nachbarn sabotieren, um sie sich als Nahrungskonkurrenten vom Leibe zu schaffen.
Zur Fach-Publikation:
Almstead, D. K.; Savagian, A. G.; Smith, M. G. & Riehl, C. (2020): Inter-group conflict in a cooperatively breeding bird: New insights into “home field advantage”. Ethology.
Weitere Literatur:
Strong, M. J.; Sherman, B. L. & Riehl, C. (2020): Home field advantage, not group size, predicts outcomes of intergroup conflicts in a social bird. Animal Behaviour 143: 205-213.
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