Schutz für Bodenbrüter: Ausbringen von Vogelgeruch verringert Verluste durch eingeschleppte Nesträuber

In einer aktuellen Studie verteilten Forschende immer wieder Vogelgeruch im Lebensraum potenzieller Nesträuber. Diese Maßnahme brachte den vom Team erhofften Erfolg: Die Eierdiebe verloren allmählich das Interesse am Duft – und mehr Vogelgelege blieben von ihnen verschont.

von Niklas Kästner

Nesträuber haben bei den bodenbrütenden Doppelbandregenpfeifern leichtes Spiel.
Die Doppelbandregenpfeifer waren von den drei Arten am zahlreichsten im Untersuchungsgebiet vertreten (Foto: patrickkavanagh via Flickr, Lizenz: CC BY 2.0)

Vielerorts werden von Menschen eingeschleppte Nesträuber Vogelpopulationen zum Verhängnis. Gerade für bodenbrütende Arten können Eierdiebe eine ernstzunehmende Bedrohung darstellen. Maßnahmen zum Schutz der Vögel beinhalten oftmals die Tötung der Fressfeinde mittels Fallen oder Gift. In einer aktuellen Studie beschreiben Forschende eine weit weniger drastische, aber dennoch effektive Methode.

Die Studie

Auf der Südinsel Neuseelands fallen die Eier von Doppelbandregenpfeifern (Charadrius bicinctus), Schiefschnäbeln (Anarhynchus frontalis) und Südinsel-Austernfischern (Haematopus finschi) häufig eingeschleppten Iltissen (Mustela putorius), Igeln (Erinaceus europaeus) oder Hauskatzen zum Opfer. In einem weitläufigen Brutgebiet in der Region South Canterbury überprüfte ein Forschungsteam um Grant Norbury und Peter Banks, ob das Ausbringen von Vogelduft die Gelege schützen könnte.

Die Idee dahinter: Wenn Tiere wiederholt einen Reiz wahrnehmen, ohne dass dieser mit positiven oder negativen Folgen verbunden ist, verlieren sie allmählich das Interesse daran – man spricht von Habituation. Entsprechend nahm das Forschungsteam an, dass sich mögliche Eierdiebe an die verteilten Vogelduftproben gewöhnen und so auch den Geruch von Vogelnestern häufiger ignorieren würden.

Die Wissenschaftler*innen gewannen Geruchsstoffe aus toten Möwen (Larus dominicanus), Wachteln (Coturnix japonica) und aus den Federn von Haushühnern und mischten diese mit Vaseline. Etwa vier Wochen vor Start der Brutsaison begannen sie mit dem Ausbringen des Geruchs: Für die folgenden drei Monate schmierten sie alle drei Tage etwas von der Vogelduft-Vaseline-Mischung auf Steine in zwei voneinander entfernten Bereichen des Brutgebiets – insgesamt knapp 400 Duftmarken pro Bereich und etwa eine Duftmarke pro 2,5 Hektar. In zwei gleich großen Vergleichsbereichen verteilten sie keine Geruchsproben.

Mittels Kamerafallen beobachteten die Forschenden, wie häufig potenzielle Nesträuber an den Geruchsproben schnüffelten. Außerdem bestimmten sie in allen Bereichen mittels Kameraaufnahmen und Kontrollen der Nester, wie viele Küken der Regenpfeifer, Schiefschnäbel und Austernfischer schlüpften.

Das Ergebnis

Die Iltisse und Katzen zeigten sich zunächst äußerst interessiert an den Duftmarken – sie schnupperten aber bereits nach knapp drei Wochen nur noch sehr selten daran. Bei den Igeln nahm das Schnüffeln an der Vaseline erst langsam zu, ließ dann aber auch nach. Die Forschenden vermuten, dass letztere erst nach und nach aus dem Winterschlaf erwachten und die Duftmarken deshalb zum Teil erst später entdeckten.

Tatsächlich hatte das Ausbringen des Geruchs einen großen Einfluss auf den Bruterfolg der Vögel: In den Gebieten mit Duftmarken überstanden ungefähr doppelt so viele Eier bis zum Schlüpfen der Jungvögel. Allerdings nahm der Vorsprung im Verlauf der Zeit allmählich ab. Nach etwa einem Monat unterschieden sich die Bereiche in dieser Hinsicht nicht mehr voneinander.

Eine geschickte Kontrolle

Das Ergebnis der Studie ist vielversprechend: Insgesamt blieben in den Bereichen mit Duftmarken wesentlich mehr Eier verschont als in denen ohne. Aber könnte es nicht vielleicht sein, dass sich die ausgewählten Gebiete auch in anderer Hinsicht unterschieden und das Auswirkungen auf die Ergebnisse hatte? Was ist zum Beispiel, wenn in den Bereichen ohne Duftmarken durch einen Zufall auch weniger Eierdiebe lebten?

Einen solchen Einfluss konnten die Wissenschaftler*innen durch geschickte Planung des Experiments weitestgehend ausschließen. Sie führten den Versuch wiederholt in zwei aufeinanderfolgenden Jahren durch. Dabei wechselten sie die Bereiche, in denen sie die Duftmarken verteilten bzw. nicht verteilten. Jeder Bereich ging also zweimal in die Auswertung ein: einmal mit ausgebrachtem Vogelgeruch und einmal ohne.

Fazit

Das Ergebnis der Studie zeigt, dass sich die Eier von Bodenbrütern durch das Verteilen von Vogelgeruch schützen lassen. Anscheinend brachten die Duftmarken die Nesträuber durch Gewöhnung dazu, Vogelgeruch häufiger zu ignorieren. Dass die Auswirkungen dieser Maßnahme mit der Zeit nachließen, ist nicht überraschend: Die Tiere lernten vermutlich allmählich durch zufällige Begegnungen mit Nestern, dass deren spezifischer Geruch leichte Beute versprach.

Trotz nachlassendem Effekt der Duftmarken blieb in den ersten Wochen eine beachtliche Zahl von Eiern verschont. Insofern könnte sich die Methode der Forscher*innen für den Vogelschutz als äußerst nützlich erweisen. Spannend bleibt allerdings, ob ihre Wirksamkeit auch nach wiederholtem Einsatz in einem Gebiet erhalten bleibt – oder ob die Nesträuber über die Zeit dazulernen.


Zur Fach-Publikation:
Norbury, G. L.; Price, C. J.; Latham, M. C.; Brown, S. J.; Latham, A. D. M.; Brownstein, G. E.; Ricardo, H. C.; McArthur, N. J. & Banks, P. B. (2021): Misinformation tactics protect rare birds from problem predators. Science Advances 7: eabe4164.

Wir freuen uns über Anmerkungen, Fragen oder Feedback im Kommentarbereich! Allerdings behalten wir uns vor, Kommentare zu löschen, die unserer Meinung nach rechtswidrig oder aus anderen Gründen unangemessen sind. Bitte beachten Sie auch die Hinweise zur Kommentarfunktion in unserer Datenschutzerklärung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert