Wie Seeotter Salzwiesen vor Erosion schützen

In den vergangenen Jahren haben Seeotter die Salzwiesen des Elkhorn Slough an der kalifornischen Küste zurückerobert. Laut einer aktuellen Studie tragen die Raubtiere dort erheblich zum Schutz des empfindlichen Ökosystems bei – indem sie pflanzenfressende Quadratkrabben in Schach halten.

von Niklas Kästner

Die Seeotterbestände haben sich in den letzten Jahrzehnten deutlich erholt (Foto: Kilii Yüyan, zugeschnitten)

Seeotter (Enhydra lutris) waren wegen ihres dichten Pelzes lange Zeit einer starken Bejagung ausgesetzt. In der Folge schwanden die Raubtiere aus vielen Küstengebieten, in denen sie einst heimisch waren. Doch mittlerweile zeigen Schutzmaßnahmen Wirkung und die Bestände haben sich deutlich erholt. Seit Mitte der 1980er Jahre leben auch in den von verästelten Prielen durchzogenen Salzwiesen des Elkhorn Slough an der kalifornischen Küste wieder Seeotter. Und dort machen sich die Raubtiere einer aktuellen Studie zufolge um den Schutz des besonderen Lebensraums verdient.

Salzwiesen sind wertvolle Ökosysteme

Salzwiesen sind Pflanzengemeinschaften, die immer wieder von Meerwasser überschwemmt werden. Sie bieten nicht nur Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, sondern speichern darüber hinaus auch Kohlenstoffdioxid. Doch die wertvollen Ökosysteme sind bedroht: So macht ihnen neben dem Anstieg des Meeresspiegels unter anderem ein erhöhter Nährstoffeintrag zu schaffen. Dieser führt zum Absterben der Pflanzen, was wiederum die Erosion begünstigt.

Im Elkhorn Slough haben sich die Erosionsprozesse in den letzten Jahren allerdings verlangsamt – und zwar parallel zur Zunahme des Bestands der Seeotter. Das brachte ein Forschungsteam um Brent Hughes und Brian Silliman auf eine Idee: Könnte dieser Befund mit dem Appetit der Raubtiere auf eine bestimmte Krebsart zusammenhängen?

Quadratkrabben fördern die Erosion

Denn in den Salzwiesen des Elkhorn Slough leben zahlreiche Quadratkrabben der Art Pachygrapsus crassipes, die vermutlich gleich doppelt zur Erosion beitragen: Einerseits direkt, indem sie sich in die Ufer der Wasserläufe graben, die sich mäandernd durch das Gebiet ziehen; und andererseits indirekt, indem sie sich von den Wurzeln des dort vorherrschenden Seespargels (Salicornia pacifica) ernähren, die dem Sediment Stabilität verleihen.

Wenn die Seeotter die Zahl der Krebse verringern, könnte das erklären, warum die Erosion sich seit ihrer Rückkehr verlangsamt. Und tatsächlich zeigten Beobachtungen des Teams: In Bereichen der Salzwiesen, in denen mehr Seeotter lebten, wurden täglich deutlich mehr Krabben vertilgt. Gleichzeitig war dort die unterirdische Masse der Salzpflanzen größer – und die Erosion an den Ufern geringer.

Seeotter ernähren sich unter anderem von Krebstieren (Foto: Kilii Yüyan, zugeschnitten).

Kein Zutritt für Seeotter – ein Experiment

Um sicher zu gehen, dass es sich tatsächlich um einen Kausalzusammenhang und nicht bloß eine Korrelation handelt, führten die Forschenden ein groß angelegtes Experiment durch: Sie umzäunten mehrere je zwei Quadratmeter große Gebiete in den Salzwiesen und hielten die Seeotter so davon fern. Der Ausgang dieses Versuchs bestätigte die Vermutung des Teams: Nach drei Jahren lebten in den umzäunten Bereichen deutlich mehr Quadratkrabben als in entsprechenden Bereichen ohne Umzäunung – und gleichzeitig war dort die pflanzliche Biomasse geringer und das Sediment weniger kompakt.

Fazit

Die Ergebnisse der Studie enthüllen eine faszinierende ökologische Kaskade: Seeotter reduzieren die Zahl von Krabben, die sich in die Ufer von Salzwiesen graben und die dort wachsenden Pflanzen fressen. So verringern die Raubtiere offenbar indirekt die Erosion und tragen letztlich zum Schutz ihres eigenen Lebensraums bei. Und es ist nicht das einzige Ökosystem, um das sich die schwimmenden Raubtiere verdient machen: So wirkt sich ihre Anwesenheit auch positiv auf den Erhalt von Kelpwäldern aus – und erhöht die genetische Diversität von Seegraswiesen.


Zur Fach-Publikation:
Hughes, B. B.; Beheshti, K. M.; Tinker, M. T.; Angelini, C.; Endris, C.; Murai, L. (…) & Silliman, B. R. (2024): Top-predator recovery abates geomorphic decline of a coastal ecosystem. Nature.

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