Springspinnen verfügen über eine herausragende Sehfähigkeit. Diese ist nicht nur äußerst vorteilhaft bei der Jagd – sie hilft ihnen auch dabei, nicht selbst zur Beute zu werden. Eine aktuelle Studie zeigt, wie gut die optische Feinderkennung von Zebraspringspinnen funktioniert.
Springspinnen sind äußerst geschickte Jäger. Doch ihnen selbst droht Gefahr aus der eigenen Familie: Wenn sie nicht aufpassen, fallen sie den Überraschungsangriffen größerer Springspinnenarten zum Opfer. Entsprechend gilt es für die Tiere, überlegene Verwandte frühzeitig zu entdecken – möglichst bevor diese zum Angriff ansetzen. Die Ergebnisse einer aktuellen Studie zeigen, dass die in Europa weitverbreiteten Zebraspringspinnen (Salticus scenicus) für diese Herausforderung bestens gerüstet sind.
Springspinnen auf dem Sprung
Forschende um Daniela Rößler und Paul Shamble untersuchten, ob Zebraspringspinnen bewegungslose Fressfeinde als solche erkennen. Dazu setzten sie die Tiere einzeln auf eine kleine Plattform, von der aus sie auf eine gegenüberliegende größere Ebene mit Versteckmöglichkeiten springen konnten. Im dortigen „Landebereich“ mussten sie allerdings jeweils ein bestimmtes Objekt passieren, das deutlich größer war als sie selbst: eine dunkle, rundliche Kunststoffform, ein dunkles Springspinnenmodell mit aufgemalten Augen oder ein präpariertes Exemplar einer echten Springspinne (Marpissa muscosa bzw. Phidippus audax). Die Forschenden beobachteten das Verhalten der Tiere, nachdem diese das jeweilige Objekt anvisiert hatten, und notierten, ob sie den Absprung wagten oder nicht.
Keine Angst vor Kugeln
Tatsächlich hing das Verhalten der Spinnen stark davon ab, mit welchem Objekt sie sich konfrontiert sahen: Handelte es sich um das rundliche Kunststoffobjekt, zögerten die Spinnen nicht lange und sprangen fast immer auf die gegenüberliegende Ebene. Handelte es sich hingegen um eine „echte“ Springspinne oder das Springspinnenmodell, verhielten sie sich anders: Sie verharrten zunächst auf einer Stelle, traten dann den Rückzug an und wagten so gut wie nie den Sprung auf die größere Ebene.
Die Tiere schienen also die spinnenförmigen Objekte als Bedrohung einzuschätzen – das rundliche Kunststoffobjekt hingegen nicht. Interessanterweise lag die Reaktion der Spinnen genau zwischen diesen Extremen, wenn die Forschenden dem unspezifisch geformten Objekt zuvor zusätzlich Spinnenaugen aufgemalt hatten. Die charakteristischen reflektierenden Punkte haben also offenbar eine Bedeutung für das Erkennen der Fressfeinde – sind aber nicht allein ausschlaggebend.
Die Bedeutung von Form und Augen
Dieser Eindruck bestätigte sich in einem weiteren Experiment. Darin präsentierten die Forschenden den Tieren das Spinnenmodell mit Augen sowie die rundliche Kunststoffform ohne Augen aus dem ersten Versuch und zusätzlich das Spinnenmodell ohne die aufgemalten Augen.
Das Ergebnis: Erblickten die Achtbeiner das spinnenförmige Objekt mit Augen, wagten sie in keinem einzigen Durchgang den Absprung; erblickten sie das spinnenförmige Objekt ohne Augen, sprangen sie in 13 Prozent der Durchgänge auf die Ebene; besaß das Objekt weder Augen noch die spinnentypische Form, trauten sie sich in 95 Prozent der Durchgänge hinüber.
Fazit
Die Versuche belegen eindrucksvoll, dass Zebraspringspinnen größere Verwandte erkennen, selbst wenn diese sich nicht bewegen. Dabei scheinen sowohl die auffälligen Augen der möglichen Fressfeinde von Bedeutung zu sein als auch ihre Körperform. Einem weiteren Experiment der Forschenden zufolge ist diese effektive Feinderkennung angeboren: Bereits frisch geschlüpfte Zebraspringspinnen traten beim Anblick eines großen Springspinnenmodells die Flucht an – nicht jedoch, wenn sie einem unspezifisch geformten Objekt gegenüberstanden.
Zur Fach-Publikation:
Rößler D. C.; De Agrò; Kim, K. & Shamble, P. S. (2021): Static visual predator recognition in jumping spiders. Functional Ecology.
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