Hunde reagieren zurückhaltend auf Personen, die ihren Halter*innen zuvor trotz Aufforderung nicht geholfen haben. Für Katzen gilt das anscheinend nicht: In einer aktuellen Studie begegneten sie nicht hilfsbereiten Personen völlig unvoreingenommen.
Viele Tiere beobachten, wie sich mögliche Interaktionspartner gegenüber anderen verhalten, um Informationen über sie zu gewinnen. Dabei muss es sich nicht einmal um Artgenossen handeln: Vor einigen Jahren ergab eine Untersuchung, dass Hunde Personen meiden, die ihren Halter*innen zuvor Hilfe verweigert haben. In einer aktuellen Studie zeigte sich in einem vergleichbaren Experiment mit Katzen: Anders als die Hunde mieden sie keine Personen, die ihren Halter*innen zuvor nicht geholfen hatten.
Die Studie
Das Forschungsteam um Hitomi Chijiiwa und Hika Kuroshima testete insgesamt 18 männliche und 18 weibliche Katzen in ihrer vertrauten Umgebung. Dazu beobachteten die Tiere einzeln folgende Szene: Ihre Halter*innen versuchten vergeblich, eine Dose zu öffnen, um eine Rolle Klebeband herauszuholen. Dabei wandten sie sich an eine neben ihnen sitzende Person und baten diese um Hilfe.
Bei der Hälfte der Katzen half die Person, die Dose zu öffnen. Bei der anderen Hälfte wandte die Person sich ab und die Halter*innen versuchten weiter erfolglos ihr Glück. Zusätzlich saß während des gesamten Vorgangs auf der anderen Seite der Halter*innen eine weitere Person, die nicht in das Geschehen einbezogen wurde.
Nachdem eine Katze den jeweiligen Ablauf viermal in kurzen Abständen beobachtet hatte, boten beide neben den Halter*innen sitzende Personen ihr Futter an. Die Hälfte der Katzen konnte also zwischen einer neutralen und einer hilfsbereiten Person wählen, die andere Hälfte zwischen einer neutralen und einer nicht hilfsbereiten Person. Die Forscher*innen beobachteten, wem sich die Tiere zuerst näherten.
Das Ergebnis
Die Katzen zeigten keinerlei Vorliebe für eine der beiden Personen: Weder bevorzugten sie die hilfsbereite Person gegenüber der neutralen, noch mieden sie die Person, die ihre Hilfe verweigert hatte. Damit unterschieden sie sich deutlich von den in der vorherigen Studie getesteten Hunden: Diese hatten zwar ebenfalls keine Präferenz für die hilfsbereite Person, nahmen aber deutlich seltener das Futter von derjenigen, die ihren Halter*innen nicht geholfen hatte.
Das Forschungsteam weist allerdings auf eine wichtige Besonderheit der getesteten Katzen hin: Zwei Drittel der Tiere stammten nicht aus Privathaushalten, sondern aus sogenannten „Katzencafés“, in denen die Besucher*innen mit den dort lebenden Tieren interagieren können. Entsprechend sind die Katzen den Umgang mit vielen verschiedenen Personen gewöhnt – ein Umstand, der den Ausgang des Versuchs beeinflusst haben könnte.
Fazit
Die Ergebnisse der Studie waren in einer Hinsicht deutlich: Die getesteten Katzen begegneten sowohl hilfsbereiten Personen als auch solchen, die ihre Hilfe verweigert hatten, unvoreingenommen. Offen bleibt allerdings, worauf sich das zurückführen lässt. Haben die Tiere die Bedeutung des beobachteten Verhaltens gegenüber ihren Halter*innen nicht verstanden – oder war es ihnen schlichtweg egal? Die Antwort auf diese Frage bleibt vorerst ihr Geheimnis.
Zur Fach-Publikation:
Chijiiwa, H.; Takagi, S.; Arahori, M.; Anderson, J. R.; Fujita, K. & Kuroshima, H. (2021): Cats (Felis catus) show no avoidance of people who behave negatively to their owner. Animal Behavior and Cognition 8: 23-35.
Weitere Literatur:
Chijiiwa, H.; Kuroshima, H.; Hori, Y; Anderson, J. R. & Fujita, K. (2015): Dogs avoid people who behave negatively to their owner: Third-party affective evaluation. Animal Behaviour 106: 123-127.
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