Seit einigen Jahren gibt es für Hunde und Katzen Pheromon-Präparate auf dem Markt, die bei den Tieren für Entspannung sorgen sollen. Eine aktuelle Studie fand Hinweise darauf, dass die Produkte auch das Zusammenleben zwischen beiden Arten erleichtern können.
Pheromone sind Duftstoffe, die zwischen Individuen einer Art Informationen übermitteln. Sowohl Katzen- als auch Hundemütter produzieren in der Zeit zwischen Geburt und Entwöhnung des Nachwuchses sogenannte „Beschwichtigungs-Pheromone“ (englisch: appeasing pheromone). Sie werden im Bereich des Gesäuges ausgeschieden und sorgen vermutlich dafür, dass die Jungen sich sicherer fühlen.
Seit einigen Jahren werden synthetisch hergestellte Varianten dieser Beschwichtigungs-Pheromone für beide Arten im Handel angeboten. Bei Hunden sollen sie Stresssymptome lindern, bei Katzen zu weniger Spannungen zwischen Individuen führen. In einer aktuellen Studie haben Miriam Prior und Daniel Mills untersucht, wie sich die Pheromon-Präparate auf das Zusammenleben der beiden Arten auswirken.
Die Studie
Die Wissenschaftler*innen führten die Untersuchung in Haushalten durch, in denen mindestens ein Hund und eine Katze lebten und in denen es häufig zu Konflikten zwischen den Arten kam. In jedem dieser Haushalte installierten sie für vier Wochen einen Verdampfer, der entweder Hunde- oder Katzenpheromone verbreitete. Wichtig dabei: Weder die Halter*innen der Tiere noch die Wissenschaftler*innen wussten, welches Präparat in welchem Haushalt zum Einsatz kam.
Um die Effekte der Pheromone auf das Verhalten der Tiere analysieren zu können, ließen Prior und Mills die Halter*innen wöchentlich einen Fragebogen ausfüllen – sowohl zwei Wochen vor Einsatz des Präparats als auch währenddessen. Darin gaben diese an, wie oft es in der vergangenen Woche zwischen Hund und Katze zu „unerwünschten“ Verhaltensweisen (z. B. Hund jagt Katze oder Katze schlägt nach Hund) bzw. „erwünschten“ Verhaltensweisen kam (z. B. Hund und Katze schlafen beieinander oder spielen miteinander). Außerdem notierten die Halter*innen, wie entspannt Hund und Katze ihnen erschienen.
Das Ergebnis
Die Auswertung der Fragebögen ergab ein deutliches Bild: Während des Einsatzes der beiden Präparate reduzierten sich die unerwünschten Verhaltensweisen in 24 der 34 untersuchten Haushalte um mindestens 30 Prozent. In 16 der 34 Haushalte stieg außerdem die Häufigkeit erwünschter Verhaltensweisen um mindestens 30 Prozent. Dabei machte es keinen Unterschied, ob das Katzen- oder das Hundepheromon eingesetzt wurde. Anders war dies in Bezug auf die Entspanntheit der Tiere: In Haushalten, in denen das Katzenpheromon eingesetzt wurde, nahm der Grad der Entspannung bei den Katzen zu, während er bei den Hunden unverändert blieb – in Haushalten, in denen das Hundepheromon eingesetzt wurde, war es umgekehrt.
Problematische Interpretation
Prior und Mills weisen in ihrer Veröffentlichung selbst auf ein Problem bei der Interpretation der Studie hin. Das Experiment wurde zwar „blind“ durchgeführt, d. h. welcher Verdampfer welches Pheromon enthielt, blieb allen Teilnehmenden unbekannt. Dennoch wussten alle Halter*innen, dass ein potenziell wirksames Präparat enthalten war. Daher ist nicht ganz auszuschließen, dass die Studienteilnehmer*innen eine Verbesserung der Spannungen zwischen den Tieren erwarteten – und dadurch die Ergebnisse unbewusst beeinflussten.
Allerdings: Das Ergebnis zur Entspanntheit der Tiere ist davon nicht betroffen. Die artspezifischen Effekte der unterschiedlichen Präparate lassen sich nicht durch unterschiedliche Erwartungen erklären – da der Inhalt des Verdampfers den Halter*innen unbekannt war.
Fazit
Auch wenn sich eine Beeinflussung des Ergebnisses durch die Erwartung der Halter*innen nicht ausschließen lässt: Die deutlichen Auswirkungen legen nahe, dass Pheromon-Präparate zu mehr Harmonie zwischen Hund und Katze beitragen können. Dennoch sind Blindstudien mit Verdampfern ganz ohne Pheromone nötig, um das Ergebnis abzusichern. Spannend wäre auch, näher zu untersuchen, inwieweit der höhere Entspannungsgrad von Hund bzw. Katze mit der gesteigerten Harmonie zusammenhängt.
Zur Fach-Publikation:
Prior, M. R. & Mills, D. S. (2020): Cats vs. dogs: the efficacy of Feliway FriendsTM and AdaptilTM products in multispecies homes. Frontiers in Veterinary Science 7: 399.
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Hallo Ethologisch-Team,
zuerst einmal ein Dankeschön für Ihre tolle Seite mit ganz vielen interessanten, wissenswerten und machmal sogar spektakülären Berichten und Beiträgen. Zu den Pheromonen möchte ich gerne eins hinzufügen. In meiner Arbeit als Tierpsychologe habe ich Pheromone bei „unentspannten“ Hunden des öfteren eingesetzt. Einfach aus dem Grunde, weil mich die Wirksamkeit überhaupt interessierte. Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass nicht alle Hunde, und wenn, dann auch nicht im selben Maße auf die Pheromone ansprechen. Hilfreich, im Sinne dieser Studie wäre es daher, Hunde auszuwählen, welche auch nachweislich auf die Pheromone reagieren. Selbstverständlich sind meine Beobachtungen natürlich nicht repräsentativ, auch habe ich mich auf Hunde spezialisiert, kann also über die Wirksamkeit bei Katzen keine Aussage machen.
Herzliche Grüße und ich freue mich auf viele weitere interessante Beiträge
Willy Schulze
Lieber Herr Schulze,
zunächst ganz herzlichen Dank für Ihre positive Rückmeldung – wir freuen uns sehr darüber! 🙂
Der Punkt, den Sie ansprechen, ist hochspannend. Auch in der Studie war es ja so, dass die Pheromone in manchen Haushalten keinerlei Auswirkungen hatten. Diesen hochspannenden Punkt diskutieren auch die Autor*innen in ihrer Veröffentlichung. Früher häufig als „Ausreißer“ abgetan, ist die Individualität von Tieren heute ein Forschungsthema, das zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Zu ihrer Idee: Wenn man gezielt untersuchen möchte, ob eine durch Pheromone herbeigeführte Entspannung von Hund bzw. Katze für mehr Harmonie zwischen den Arten sorgt, dann ist ihr Vorschlag die optimale Lösung! Der Vorteil des Ansatzes hier ist, dass er praxisnäher ist – man kriegt einen Eindruck davon, wie gut so ein Präparat hilft, wenn man nicht vorher weiß, welche Tiere überhaupt auf die Pheromone reagieren. Wenn eine Studie geplant wird, werden häufig solche Punkte gegeneinander abgewogen.
Ganz herzliche Grüße und noch einmal vielen Dank für Ihren Beitrag!
Niklas Kästner