Unerwartete Imitationskünste: Lappenente ahmt Türenknallen und menschliche Stimme nach

Die in Menschenhand aufgewachsene Lappenente „Ripper“ imitiert das Knallen einer Tür und ruft „You bloody fool“. Das ist nicht nur kurios, sondern auch aus wissenschaftlicher Sicht äußerst spannend: Ein vergleichbares Phänomen kennt man bei keiner anderen Enten- oder Gänseart.

von Niklas Kästner

Die Lappenente trägt ihren Namen nicht von ungefähr
Die Lappenente trägt ihren Namen nicht von ungefähr (Foto: Ed Dunens via Flickr, Lizenz: CC BY 2.0)

Viele Vögel lernen ihre Gesänge von erwachsenen Vorbildern und manche ahmen sogar unterschiedlichste Umgebungsgeräusche nach. Besonders begnadete Imitatoren findet man sowohl unter den Papageien als auch unter den Singvögeln. Enten und Gänse hingegen sind nicht gerade als Gesangstalente bekannt – und ihre recht gleichförmigen Rufe gelten als angeboren. Doch dabei scheint es Ausnahmen zu geben, wie die erstaunlichen Lautäußerungen eines Lappenentenerpels (Biziura lobata) nahelegen.

Alte Aufnahmen im Fokus aktueller Forschung

Die in Australien heimischen Lappenenten tragen ihren Namen aufgrund einer anatomischen Besonderheit der Männchen: einem auffälligen Hautlappen unter dem Schnabel. Diesen präsentieren sie den Weibchen während ihres eindrucksvollen Balzrituals, das neben Fußtritten ins Wasser auch charakteristische Rufe umfasst.

In einer aktuellen Studie beschreiben die Wissenschaftler Carel ten Cate und Peter Fullagar die ungewöhnlichen Lautäußerungen des Lappenentenerpels „Ripper“. Diese wurden zwar bereits im Jahr 1987 aufgezeichnet – hatten jedoch bisher in der Forschung zum stimmlichen Lernen bei Vögeln noch keine Berücksichtigung gefunden.

Ein Erpel ruft: „You bloody fool”

Ripper schlüpfte 1983 und wuchs in Menschenhand ohne Kontakt zu Artgenossen auf. Als er erwachsen war, gab er begleitend zur arttypischen Balzpose häufig besondere Töne von sich, die deutlich von den Lautäußerungen anderer Lappenenten abwichen: Ein Ruf klang genau wie das Zuschlagen einer Tür, die sich in der Nähe seiner Unterkunft als Jungvogel befand. Ein anderer klang wie ein Mensch, der sagt: „You bloody fool“ („du verdammter Idiot“) – wobei der letzte Laut eher einem „foo“ entspricht.

Hier hört man Rippers Ruf, der klingt wie ein Türenknallen (Audio: Peter Fullagar)

Hier hört man Rippers Ruf, der klingt wie „you bloody foo(l)“ (Audio: Peter Fullagar)

Fazit

Für die Forscher sind Rippers außergewöhnliche Lautäußerungen ein Beleg dafür, dass die Balzrufe von Lappenenten nicht angeboren, sondern erlernt sind. Da Ripper keine Artgenossen als Vorbilder hatte, orientierte er sich vermutlich an anderen Geräuschen in seiner Umgebung – zum einen am Schlagen einer Tür und zum anderen an den Worten, die vielleicht ein Pfleger oder einer Pflegerin häufig in seiner Nähe fallen ließ.

Die Forscher erwähnen zudem Berichte von anderen in Menschenhand aufgewachsenen Lappenentenerpeln, die Umgebungsgeräusche imitierten, darunter das Schnauben eines in der Nähe lebenden Ponys oder das Husten einer vertrauten Person. Von anderen Enten oder Gänsearten ist dieses Phänomen hingegen nicht bekannt – es scheint also, als hätten die Lappenenten in dieser Hinsicht einen evolutionären Sonderweg eingeschlagen.


Zur Fach-Publikation:
ten Cate, C. & Fullagar, P. J. (2021): Vocal imitations and production learning by Australian musk ducks. Philosophical Transactions of the Royal Society B 376: 20200243.

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