Eine Frage des Durchblicks: Für Menschen durchsichtige Klebefolie schützt Vögel vor Kollisionen mit Scheiben

Zusammenstöße mit Glasflächen sind für Vögel oft verhängnisvoll: Jährlich sterben dadurch allein in Deutschland Millionen Tiere. Dagegen könnten laut einer aktuellen Studie Schutzfolien helfen, die UV-Licht reflektieren und dadurch nur für die Tiere sichtbar sind.

von Tobias Zimmermann

Die BirdShades Folie verringerte das Risiko für Zebrafinken, mit einer Scheibe zu kollidieren
Die BirdShades-Folie verringerte das Risiko für Zebrafinken, mit einer Scheibe zu kollidieren (Foto: S. Hermann & F. Richter via Pixabay)

Kollisionen mit Glasflächen sind eine ernsthafte Bedrohung für Vögel. Schätzungen zufolge sterben dadurch jährlich mehrere Millionen Tiere allein in Deutschland. Bisherige Lösungen zur Vermeidung des sogenannten Vogelschlags setzen meist auf Markierungen der Scheiben, mit deren Hilfe die gläserne Gefahr besser erkennbar wird. Diese haben allerdings den Nachteil, dass sie auch den „Durchblick“ für Menschen behindern.

Die Biologinnen Bettina Kain und Dominique Waddoup entwickeln mit ihrem Start-up BirdShades eine innovative Alternative. Dabei setzen sie auf eine besondere Fähigkeit vieler Vogelarten: Anders als wir Menschen sehen sie ultraviolettes Licht. Spezielle Klebefolien reflektieren dieses Licht und machen Glasflächen damit für die Tiere sichtbar – während sie für das menschliche Auge durchsichtig bleiben. Eine aktuelle Studie mit zwei Vogelarten kommt zu dem Schluss, dass die Schutzfolie das Kollisionsrisiko tatsächlich senkt.

Der Flugtunnel

Ein Team um die Wissenschaftler John Swaddle und Timothy Boycott untersuchte das Flugverhalten der Vögel in einem eigens konstruierten Flugkanal. Dabei testeten die Forschenden Zebrafinken (Taeniopygia guttata), die in Menschenhand aufgewachsen waren, und freilebende Braunkopf-Kuhstärlinge (Molothrus ater), die sie wenige Tage zuvor eingefangen hatten.

Zunächst durchflogen die Vögel einen abgedunkelten Tunnel mit einer Länge von sieben Metern, der in einem Zielbereich im natürlichen Tageslicht mündete. Dort standen fünf Meter vom Tunnelausgang entfernt zwei gerahmte Fenster in der Flugbahn der Vögel. Um die Tiere nicht der Gefahr einer Kollision auszusetzen, hatte das Forschungsteam einen Meter vor den Scheiben ein feines Nylonnetz gespannt. In unterschiedlichen Durchgängen flogen die Tiere auf Glasscheiben zu, die entweder mit der BirdShades-Folie oder mit einer völlig transparenten Folie beklebt waren.

Ein Vogel auf Kollisionskurs (Video: John Swaddle, Wiedergabegeschwindigkeit um 50 Prozent verringert)

Das Ergebnis

In der Kontrollbedingung wichen 85 Prozent der Zebrafinken dem gläsernen Hindernis nicht rechtzeitig aus – bei den Braunkopf-Kuhstärlingen waren es sogar alle Tiere. Beim Einsatz der BirdShades-Folie waren dagegen nur 42 Prozent der Zebrafinken und 71 Prozent der Braunkopf-Kuhstärlinge auf Kollisionskurs. Daneben beeinflusste die Schutzfolie auch die Fluggeschwindigkeit: Beide Arten flogen durchschnittlich 25 Prozent langsamer auf die „markierten“ Hindernisse zu. Das könnte einen weiteren Vorteil haben: Der verlangsamte Flug senkt möglicherweise die Verletzungsgefahr, selbst wenn die Vögel dem Hindernis nicht ausweichen konnten.

Fazit

Die Ergebnisse legen nahe, dass die BirdShades-Folie das Kollisionsrisiko mit Glasflächen bei Vögeln wirksam senkt. Es gilt allerdings noch herauszufinden, inwieweit die Schutzmaßnahme unter natürlichen Bedingungen wirkt. Außerdem benennen die Autor*innen der Studie eine weitere wichtige Einschränkung: Nicht alle Vogelarten können ultraviolettes Licht wahrnehmen und damit von dem „UV-Schutz“ profitieren.


Zur Fach-Publikation:
Swaddle, J. P.; Emerson, L. C.; Thady, R. G. & Boycott, T. J. (2020): Ultraviolet-reflective film applied to windows reduces the likelihood of collisions for two species of songbird. PeerJ 8: e9926.

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2 Kommentare

  1. Ich verwende schon seit Jahren solche Aufkleber von Nabu. Scheint sowas ähnliches zu sein. Die Flugunfälle an meinem Küchenfenster haben sich seither stark verringert.

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