Mandrille halten Abstand zu Artgenossen, die stark mit Parasiten infiziert sind. Eine aktuelle Studie zeigt, dass sie dabei allerdings Ausnahmen machen: auf den Körperkontakt zwischen nahen Verwandten hat die Infektionsrate keinen Einfluss.
Mandrille (Mandrillus sphinx) sind vor allem für ihre unter den Säugetieren einzigartige Gesichtsfärbung bekannt. Sie leben in großen Gruppen in den Regenwäldern Zentralafrikas. Während die weiblichen Nachkommen in ihrer Familiengruppe verbleiben, wandern die erwachsenen Männchen ab und schließen sich nur zur Paarungszeit den Weibchen an.
Eine wichtige soziale Verhaltensweise der Mandrille ist die gegenseitige Fellpflege, das „Groomen“ (Englisch: grooming, früher häufig „Lausen“ genannt). Wie bei vielen anderen Tieren auch ist dieses Verhalten nicht nur eine Frage der Hygiene, sondern darüber hinaus bedeutsam für den sozialen Zusammenhalt.
Wer infiziert ist, wird gemieden
Vor kurzem hat eine Untersuchung gezeigt, dass der Infektionsstatus eines Tiers Einfluss darauf hat, wie oft es von den anderen gegroomt wird. Die Mandrille in der Studie erkannten stark von bestimmten Magen-Darm-Parasiten befallene Artgenossen am Geruch und hielten sich bei diesen mit der Fellpflege zurück. Wurden die infizierten Tiere gegen die Parasiten behandelt, nahm auch die Fellpflege durch die anderen Gruppenmitglieder wieder zu.
Clémence Poirotte und Marie Charpentier, die an der Untersuchung maßgeblich beteiligt waren, schauten sich dieses Phänomen in einer aktuellen Studie noch etwas genauer an. Sie wollten dabei wissen, ob der Grad der Verwandtschaft einen Einfluss auf das Meide-Verhalten der Affen hat.
Die Untersuchung
Das Team beobachtete über einen Zeitraum von viereinhalb Jahren gegenseitiges Groomen bei 71 Mandrillen einer Population in Gabun. Dabei beschränkten Poirotte und Charpentier sich auf Weibchen und Jungtiere, da erwachsene Männchen ja keine dauerhaften Mitglieder der Gruppe sind. Zusätzlich zum Fellpflege-Verhalten bestimmten sie die Verwandtschaftsverhältnisse per Genanalyse sowie den Grad des Parasitenbefalls der einzelnen Tiere anhand der Anzahl verschiedener Parasiten-Arten im Kot.
Das Ergebnis
Wieder ergab sich, dass Tiere mit zunehmendem Parasitenbefall seltener gegroomt wurden. Allerdings hing dies im Einzelfall tatsächlich vom Verwandtschaftsverhältnis ab: Bei Müttern und ihren Kindern sowie bei Geschwistern mit derselben Mutter hatte der Grad des Parasitenbefalls keinerlei Einfluss auf die Häufigkeit der gegenseitigen Fellpflege. Mandrille scheinen also ihre Zurückhaltung beim Körperkontakt zu Infizierten aufzugeben, wenn es sich um nahe Verwandte mütterlicherseits handelt.
Fazit
Dass es vorteilhaft ist, engen Körperkontakt mit einem von Parasiten befallenen Artgenossen zu vermeiden, leuchtet ein. Für uns Menschen ist die Bedeutung sozialer Distanz zur Vermeidung einer Ansteckung durch die Corona-Pandemie gerade bedrückend aktuell. Die Ergebnisse der Studie weisen darauf hin, dass im Fall der gruppenlebenden Mandrille bei nahen Verwandten die Vorteile des Groomens und der dadurch gefestigten Beziehungen jedoch überwiegen. Dies vermuten auch Poirotte und Charpentier. Sie sehen das Potential, durch ein besseres Verständnis dieses Phänomens letztlich auch mehr über die soziale Evolution des Menschen zu erfahren.
Zur Fach-Publikation:
Poirotte, C. & Charpentier, M. J. E. (2020): Unconditional care from close maternal kin in the face of parasites. Biology Letters 16: 20190869.
Weitere Literatur:
Poirotte, C.; Massol, F.; Herbert, A.; Willaume, E.; Bomo, P. M.; Kappeler, P. M. & Charpentier, M. J. E. (2017): Mandrills use olfaction to socially avoid parasitized conspecifics. Science Advances 3: e1601721.
Abernethy, K. A.; White, L. J. T. & Wickings, E. J. (2002): Hordes of mandrills (Mandrillus sphinx): extreme group size and seasonal male presence. Journal of Zoology 258: 131-137.
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