Eine aktuelle Studie legt nahe, dass Vögel Holzbohrerraupen durch deren Duftstoffe aufspüren können. Das macht erneut deutlich: Der Geruchssinn von Vögeln spielt bei der Nahrungssuche offenbar eine größere Rolle, als lange angenommen wurde.
Die Schmetterlingsfamilie der Holzbohrer (Cossidae) verdankt ihren Namen der Lebensweise ihrer Raupen: Diese leben unter der Rinde von Bäumen und fressen sich durch deren Holz. Der Nachwuchs der südamerikanischen Holzbohrerart Chilecomadia valdiviana findet sich dabei mithilfe von Pheromonen zu Gruppen zusammen. Einer aktuellen Studie zufolge locken die Duftstoffe der Raupen allerdings nicht nur Artgenossen an – sondern auch insektenfressende Vögel.
Modellraupen und Duftproben
Im Rahmen der Studie verteilte ein Forschungsteam um Pablo Díaz-Siefer und Juan Luis Celis-Diez Raupenmodelle aus Knetmasse auf 72 Bäumen in einem Untersuchungsgebiet in Chile. Die Forschenden klebten jeweils fünf davon in etwa eineinhalb Metern Höhe auf einen Ast und platzierten dort zusätzlich einen kleinen Duftspender. Bei der Hälfte der Bäume enthielt dieser Lösungsmittel mit dem Pheromon von C. valdiviana Raupen, bei der anderen Hälfte ausschließlich das Lösungsmittel. Nach zwei Wochen überprüften die Wissenschaftler*innen die Raupenmodelle auf Schnabelspuren.
Ein eindeutiges Ergebnis
Das Ergebnis war eindeutig: Auf 50 Prozent der Bäume mit Pheromon fanden die Forschenden mindestens ein Raupenmodell, das Spuren einer Vogelattacke aufwies – bei den Bäumen ohne das Pheromon waren es dagegen nur 11 Prozent. Außerdem waren auf betroffenen Bäumen mit Pheromon im Schnitt deutlich mehr Raupen verletzt als auf denen ohne Pheromon. Aufnahmen von Kamerafallen verrieten, dass die Angreifer unterschiedlichen Vogelarten angehörten, darunter Stachelschwanzschlüpfer (Aphrastura spinicauda), Patagonienschmätzertyranne (Colorhamphus parvirostris) und Strichelkopfstärlinge (Curaeus curaeus).
Fazit
Der Ausgang des Experiments legt nahe, dass verschiedene Vögel auf die Pheromone der Holzbohrerraupen reagieren – und demnach auch echte Larven durch deren Duftstoffe unter der Baumrinde ausfindig machen. Damit ist die Studie eine von mehreren aus der jüngeren Forschung, die mit einer verbreiteten Annahme aufräumen: Dass dem Geruchssinn der Vögel bei der Suche nach Nahrung keine wesentliche Bedeutung zukommt.
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