Weniger Würmer: Windkraftanlagen beeinflussen Leben unter der Erde

Windkraftanlagen sind bedeutsam für den Klimaschutz. Doch gleichzeitig können sie das Leben einzelner Tiere beeinträchtigen. Das gilt selbst unter der Erde, wie eine aktuelle Studie zeigt: Im Boden um die Bauwerke herum leben weniger Würmer.

von Niklas Kästner

Windkraftanlagen beim Sonnenuntergang
Windkraftanlagen beim Sonnenuntergang (Foto: Marko Grothe via Pixabay)

Windkraftanlagen sind von großer Bedeutung für die Energiewende – und damit für den Klima- und Umweltschutz. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben aber auch gezeigt: Die Turbinen beeinträchtigen das Leben verschiedener Tiere in ihrer direkten Umgebung. Viele Menschen kennen die Beispiele von Fledermäusen und Vögeln, die durch Kollisionen mit den Bauwerken zu Tode kommen. Eine aktuelle Studie macht auf eine weniger auffällige Auswirkung aufmerksam: In der Nähe von Windkraftanlagen finden sich weniger Würmer in der Erde.

Die Studie

Windkraftanlagen erzeugen Vibrationen, die über das Fundament in den Boden geleitet werden. Ein Forschungsteam um Estefania Velilla und Wouter Halfwerk untersuchte, ob sich das auf das Vorkommen von Ringelwürmern der Gruppe der Wenigborster (z. B. Regenwürmer) auswirkt. Dazu wählten die Wissenschaftler*innen sieben Windkraftanlagen auf landwirtschaftlich genutztem Gelände in den Niederlanden aus. Dort bestimmten sie in verschiedenen Abständen zu den Bauwerken die Stärke der Vibrationen unter der Erde. Außerdem nahmen sie Bodenproben, um die jeweils darin vorhandenen Ringelwürmer zu zählen.

Das Ergebnis

Wie erwartet nahm die Stärke der Vibrationen im Boden mit zunehmender Nähe zu den Windkraftanlagen zu. Gleichzeitig sank die Zahl der Würmer im Boden erheblich: In 8 Metern Entfernung fand das Team im Schnitt 40 % weniger Individuen als in 128 Metern Entfernung.

Fazit

Die Studie zeigt, dass in der Nähe von Windkraftanlagen weniger Würmer im Boden leben. Die Forschenden vermuten, dass die dort besonders starken Vibrationen dafür verantwortlich sind. Wie lässt sich das erklären?

Ringelwürmer stehen auf dem Speiseplan von Maulwürfen – die beim Graben ebenfalls Vibrationen erzeugen. Zum einen wäre es demnach möglich, dass die Schwingungen der Anlagen die Würmer vertreiben, weil sie diese als Bedrohung interpretieren. Zum anderen könnte es sein, dass dort lebende Ringelwürmer ihre Feinde aufgrund der „Störsignale“ zu spät bemerken – und deshalb häufiger gefressen werden.


Zur Fach-Publikation:
Velilla, E.; Collinson, E.; Bellato, L.; Berg, M. P. & Wouter Halfwerk (2021): Vibrational noise from wind energy-turbines negatively impacts earthworm abundance. Oikos.

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4 Kommentare

  1. Verehrtes Team, leider wird so gut wie gar nicht über die Auswirkungen der Vibrationen durch Windkraftanlagen gesprochen. Diese sind- so meine eigene le7dvolle Erfahrung- ganz erheblich. Ich wünsche mir dazu mehr Aufklärung und Forschung

    1. Liebe Frau Holm,

      zu den Auswirkungen der Geräusche und Vibrationen der Windkraftanlagen gibt es schon einige Untersuchungen und das Leben verschiedener Tierarten scheint tatsächlich dadurch beeinflusst zu werden. Allerdings wird sich erst langfristig zeigen, ob es sich um dauerhafte Effekte handelt – es ist durchaus denkbar, dass zumindest einige Tiere sich im Laufe der Zeit daran gewöhnen bzw. anpassen.

      Wir nehmen das Thema aber auf unsere Liste: Vielleicht kommen wir einmal dazu, einen ausführlichen Artikel zu den bisher entdeckten Auswirkungen zu schreiben!

      Herzliche Grüße

      Niklas Kästner

    1. Lieber Herr Richter,

      es gibt bereits einige Studien zu den Auswirkungen von Offshore-Windparks. Tatsächlich gibt es Hinweise auf negative Auswirkungen auf das Leben unter Wasser – z. B. durch die Lärmbelastung, insbesondere jedoch während der Bausphase (das betrifft u. a. auch die Meeressäuger). Allerdings scheinen manche Arten auch von den Windrädern zu profitieren, z. B. dadurch, dass die Strukturen als künstliche Riffe fungieren.

      Herzliche Grüße,

      das Team von ETHOlogisch

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