Eichelhäher reagieren ungehalten auf negative Überraschungen

In einer aktuellen Studie konnten Eichelhäher eine versteckte Futterbelohnung ergattern. Manchmal tauschten die Forschenden diese jedoch per Taschenspielertrick gegen eine weniger beliebte aus. Die Vögel bemerkten den Schwindel sofort – und verschmähten das „falsche“ Futter in einigen Fällen sogar.

von Tobias Zimmermann

Eichelhäher merken sich ganz genau, welche Nahrung sich in einem Versteck befindet
Eichelhäher merken sich ganz genau, welche Nahrung sich in einem Versteck befindet (Foto: caroline legg via Flickr, zugeschnitten, Lizenz: CC BY 2.0)

Stellen Sie sich vor, ein „Zauberer“ verspricht, Ihnen einen 50-Euro-Schein zu schenken. Zuvor faltet er ihn allerdings vor Ihren Augen immer wieder, bis daraus ein fest gefaltetes Päckchen entstanden ist. Danach entfalten Sie das erhaltene Geschenk – um festzustellen, dass es sich auf „magische“ Weise in einen 10-Euro-Schein verwandelt hat.

Selbst wenn der Trick Sie fasziniert, werden sie vermutlich ziemlich enttäuscht sein – schließlich hatte Ihr Gegenüber zuvor eine bestimmte Erwartung geweckt, die sich am Ende jedoch nicht erfüllte. Wie eine aktuelle Studie zeigt, geht es Eichelhähern (Garrulus glandarius) in dieser Hinsicht ganz ähnlich: Wenn die Vögel unter einem Becher eine weniger begehrte Futterbelohnung vorfanden als erwartet, ließen sie diese manchmal sogar liegen.   

Forschende verwenden einen Taschenspielertrick

Die gruppengehaltenen Eichelhäher konnten freiwillig an dem Experiment des Forschungsteams um Alexandra Schnell und Nicola Clayton teilnehmen, indem sie sich auf eine dafür vorgesehene Stange setzten. Dort lernten sie zunächst, einen präparierten Kunststoffbecher mit dem Schnabel anzuheben, um sich einer darunter versteckte Futterbelohnung zu sichern.

Anschließend absolvierten sechs Eichelhäher mehrere Testdurchgänge. Dabei beobachteten sie, wie die versuchsdurchführende Person einen von zwei Bechern entweder mit einer besonders beliebten oder mit einer weniger beliebten Futterbelohnung befüllte – und beide Becher anschließend umdrehte. Anschließend durften die Vögel die Becher anheben, um die Nahrung zu ergattern.

In einigen Durchgängen griffen die Forschenden allerdings zu einem Taschenspielertrick: Sie täuschten lediglich vor, eine bestimmte Belohnung in den Becher zu platzieren. Stattdessen hatten sie diesen zuvor außer Sichtweite der Tiere bereits mit anderem Futter befüllt. So wollten sie herausfinden, ob sich die Vögel die vermeintlich versteckte Belohnung gemerkt hatten und genau diese unter dem Becher erwarteten. Um zu überprüfen, ob die Eichelhäher den Schwindel bemerkten, beobachteten das Forschungsteam mithilfe von Videoaufzeichnungen, wie die Eichelhäher auf die jeweilige Futterbelohnung reagierten.

Eichelhäher verschmähen „falsches“ Futter

Fanden die Eichelhäher unter dem Becher diejenige Belohnung, die zuvor vor ihren Augen darin platziert wurde, machten sie sich anstandslos darüber her. Anders sah es aus, wenn die Forschenden etwas anderes vorgetäuscht hatten: In diesem Fall inspizierten die Vögel den bestückten Becher nach dem Aufdecken manchmal erneut.

Eichelhäher „Jaylo“ sichert sich zunächst die Belohnungen, die zuvor vor seinen Augen hineingegeben wurden. Die folgenden Szenen zeigen seine Reaktionen, wenn sich unter dem Becher eine andere Futterbelohnung befindet, als sein Gegenüber zuvor augenscheinlich darin platziert hatte. (Video: Schnell et al. 2021, Lizenz: CC BY 4.0)

Wie sie dann reagierten, hing entscheidend davon ab, ob eine positive oder eine negative Überraschung auf die Vögel wartete: Befand sich im Becher eine beliebtere Futterbelohnung, als die Forschenden zuvor augenscheinlich hineingegeben hatten, machten sich die Eichelhäher letztlich stets darüber her. War das Gegenteil der Fall, schauten die Vögel manchmal sogar unter dem nicht bestückten Becher nach – und sie verschmähten die Belohnung in manchen Fällen sogar ganz.

Fazit

Das Ergebnis zeigt, dass Eichelhäher sich ganz genau merken, welche Nahrung sich in einem Versteck befinden sollte – und sich deutlich anmerken lassen, wenn sie diese anschließend nicht wie erwartet vorfinden. Dabei schienen sie im Falle einer negativen Überraschung geradezu ungehalten zu reagieren.

Interessanterweise deuten die Beobachtungen des Forschungsteams darauf hin, dass die Reaktion nach einer „Enttäuschung“ entscheidend davon abhing, welchen sozialen Status die Tiere in ihrer Gruppe innehatten. Denn je dominanter ein Vogel war, desto häufiger ließ er diese links liegen. Das liegt möglicherweise daran, dass dominante Tiere üblicherweise besseren Zugang zu wertvollen Nahrungsquellen haben – und es sich daher besser leisten können, anspruchsvoller zu sein.


Zur Fach-Publikation:
Schnell. A. K.; Loconsole, M.; Garcia-Pelegrin, E.; Wilkins, C. & Clayton, N. S. (2021): Jays are sensitive to cognitive illusions. Royal Society Open Science 8: 202358.

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