Menschen und andere Wirbeltiere berücksichtigen die Ausmaße ihres Körpers, um Kollisionen zu vermeiden. Einer aktuellen Studie zufolge sind auch Hummeln dazu in der Lage: Wenn sie durch einen engen Spalt fliegen, passen sie ihre Flughaltung gemäß ihrer Körpergröße an.
Wenn wir auf einen niedrigen Türrahmen zulaufen, schätzen wir per Augenmaß ab, ob wir problemlos hindurchpassen werden. Droht es eng zu werden, passen wir üblicherweise unsere Körperhaltung an, um die Öffnung unbeschadet zu passieren. Dieser Ablauf mag trivial klingen, aber er setzt voraus, dass wir Hindernisse in Relation zu unseren eigenen Körpermaßen abschätzen können. Dazu sind auch andere Wirbeltiere in der Lage – und offenbar nicht nur diese: Einer aktuellen Untersuchung zufolge berücksichtigen sogar Hummeln ihre eigene Körpergröße, wenn sie durch eine Engstelle navigieren.
Die Studie
Für die Studie des Forschungsteams um Sridhar Ravi und Martin Egelhaaf lernten Dunkle Erdhummeln (Bombus terrestris) zunächst, einen 1,5 m langen Flugtunnel zu durchfliegen, um zu ihrem Nest zu gelangen. Danach platzierten die Forschenden in der Mitte des Tunnels eine Wand mit einem schmalen, vertikalen Spalt, den die Insekten auf ihrem Rückflug passieren mussten. Dabei verwendeten sie 7 verschiedene Spaltbreiten zwischen 2 und 6 cm. Mit einer Hochgeschwindigkeitskamera zeichneten die Forschenden insgesamt 400 Flüge von Hummeln aus vier verschiedenen Kolonien auf, um anschließend ihr Flugverhalten unter Berücksichtigung ihrer Körpergröße auszuwerten.
Die Ergebnisse
Erstaunlicherweise gelang es allen Hummeln, den Spalt zu durchfliegen – selbst, wenn dieser wesentlich schmaler war als ihre Flügelspannweite! Dafür pendelten sie zunächst im Seitwärtsflug mit Blickrichtung zum Spalt hin und her, um das Hindernis aus nächster Nähe zu begutachten. Für den anschließenden Durchflug justierten die Tiere ihre Körperhaltung, indem sie sich um ihre Vertikalachse drehten. Im Extremfall passierten sie den Spalt dadurch sogar im vollständigen Seitwärtsflug, um einen Zusammenstoß mit dem Hindernis zu vermeiden.
Erwartungsgemäß justierten die Hummeln ihre Flughaltung bei schmaleren Spalten wesentlich stärker als bei breiteren. Doch das „Einlenken“ hing nicht allein von der absoluten Spaltbreite ab, sondern auch von der Spaltbreite in Relation zur Körpergröße der Tiere: Bei breiteren Spalten drehten sich größere Hummeln für den Durchflug wesentlich stärker als ihre kleineren Artgenossinnen. Das lässt darauf schließen, dass die Tiere bei den Flugmanövern tatsächlich ihre eigene Körpergröße berücksichtigen.
Fazit
Die Ergebnisse legen nahe, dass auch Hummeln ihre Umgebung in Relation zu ihrer eigenen Körpergröße abschätzen und dadurch sicher um Hindernisse navigieren können. Wie die Autor*innen der Studie betonen, bedeutet das allerdings nicht zwangsläufig, dass die Tiere eine bewusste Vorstellung von den Ausmaßen ihres Körpers haben, wie es bei uns Menschen der Fall ist. Dennoch bleibt die kognitive Fähigkeit höchst bemerkenswert – gerade in Anbetracht der weit weniger komplexen Hirnstrukturen von Insekten.
Wir freuen uns über Anmerkungen, Fragen oder Feedback im Kommentarbereich! Allerdings behalten wir uns vor, Kommentare zu löschen, die unserer Meinung nach rechtswidrig oder aus anderen Gründen unangemessen sind. Bitte beachten Sie auch die Hinweise zur Kommentarfunktion in unserer Datenschutzerklärung.