„Ga-Ga-Ga-Ga, Ma-ma-ma-ma…“: Mit dem Brabbeln von Säuglingen sind die meisten Menschen vermutlich recht gut vertraut. In einer aktuellen Studie beschreiben Forschende ein verblüffend ähnliches Phänomen bei der Stimmentwicklung junger Sackflügelfledermäuse.
Brabbeln, babbeln, plappern, lallen… Für die von Wiederholungen geprägten Lautäußerungen von Säuglingen gibt es verschiedene Bezeichnungen. Was gemeint ist, dürfte aber trotzdem klar sein: Ab einem Alter von einigen Monaten beginnen Babys üblicherweise, rhythmisch bestimmte Töne und Silben zu äußern – ohne dass diese eine erkennbare kommunikative Funktion haben. So trainieren die Kleinen ihren Sprechapparat und gehen wichtige erste Schritte auf dem Weg zum Spracherwerb. Einer aktuellen Studie zufolge ist der menschliche Nachwuchs damit nicht allein: Die Lautäußerungen junger Großer Sackflügelfledermäuse (Saccopteryx bilineata) gleichen dem Brabbeln von Säuglingen auf erstaunliche Weise.
Freilebenden Fledermäusen auf der Spur
Große Sackflügelmäuse sind in Zentral- und Südamerika zuhause, wo sie in Kolonien aus weiblichen und männlichen Tieren zusammenleben. Ihre Nachkommen erlernen den Einsatz ihrer Stimme von den erwachsenen Vorbildern innerhalb der Gruppe. Ein Forschungsteam um Ahana Fernandez und Mirjam Knörnschild begleitete 20 freilebende Fledermausjungtiere in Panama und Costa Rica während dieser Entwicklungsphase. Die Wissenschaftler*innen zeichneten die Lautäußerungen der Tiere auf und analysierten sie anschließend umfassend.
Ähnlichkeiten zum Brabbeln von Säuglingen
Etwa drei Wochen nach der Geburt begann der Fledermausnachwuchs Laute zu erzeugen. Dabei waren die Tiere äußerst ausdauernd: Für sieben bis zehn Wochen verbrachten sie so fast 30 Prozent der Zeit im Unterschlupf, in der sie nicht ruhten oder gesäugt wurden. Außerdem dauerten ihre Lautäußerungen im Schnitt ganze sieben Minuten – und damit deutlich länger als bei älteren Tieren, bei denen sie maximal eine Minute umfassen.
Ähnlich wie Säuglinge bauten die Fledermäuse mit der Zeit zunehmend Lautfolgen aus dem Repertoire der erwachsenen Artgenossen ein und wiederholten sie in gleichmäßigen Abständen. Und ebenso wie bei den Babys schienen diese Rufe nicht der Verständigung zu dienen: Die Jungtiere gaben sie auch außerhalb sozialer Interaktionen ab und riefen damit keine sichtbaren Reaktionen bei anderen Tieren hervor.
Fazit
Die Analyse der Wissenschaftler*innen offenbart eine verblüffende Ähnlichkeit zwischen den Lautäußerungen von Säuglingen und denen junger Sackflügelfledermäuse. Es ist anzunehmen, dass sie auch bei letzteren eine wichtige Rolle bei der Stimmentwicklung spielen. Überraschend ist allerdings: Fledermausjunge beiden Geschlechts erzeugten während des „Brabbelns“ Laute, die im späteren Leben ausschließlich in den Territorialgesängen der Männchen auftauchen. Wie lässt sich das erklären? Die Forschenden halten es für möglich, dass die weiblichen Tiere von der Übung profitieren, obwohl sie die Töne im späteren Leben selbst nicht mehr produzieren: Ihre frühe „Praxiserfahrung“ könnte ihnen dann dabei helfen, die Gesänge potenzieller Paarungspartner zu bewerten.
Um Lautäußerungen Großer Sackflügelfledermäuse geht es auch in folgendem Artikel: „Babysprache“ bei Tieren: Wenn Fledermausmütter mit ihren Jungen kommunizieren, ändert sich ihre Stimmfarbe.
Zur Fach-Publikation:
Fernandez, A. A.; Burchardt, L. S.; Nagy, M. & Knörnschild, M. (2021): Babbling in a vocal learning bat resembles human infant babbling. Science 373: 923-926.
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