Schutz für Untermieter: Warum Mönchssittiche mit Störchen nisten

Mönchssittiche haben den Weg in viele Städte rund um die Welt gefunden. Vermehrt dringen sie auch in ländliche Lebensräume vor. Eine aktuelle Studie zeigt, dass sie dort gemeinsam mit Störchen nisten – und ihre Nester damit vor Raubvögeln schützen. 

von Tobias Zimmermann

Ein Mönchssittich im Nest
Ein Mönchssittich im Nest (Foto: TeeFarm via Pixabay)

Mönchssittiche (Myiopsitta monachus) sind ursprünglich in Südamerika beheimatet. Als beliebtes Haustier leben sie jedoch auch in großer Zahl über die restliche Erdkugel verstreut. Immer wieder finden einige von ihnen den Weg in die Freiheit. Als Resultat existieren heute rund um den Globus zahlreiche wildlebende Mönchssittich-Populationen. Diese besiedeln üblicherweise städtische Gebiete. Eine Population in Spanien erobert allerdings vermehrt den ländlichen Lebensraum. Dort nisten die Vögel häufig als Untermieter in Nestern von Weißstörchen (Ciconia ciconia). Eine aktuelle Studie legt nahe, dass die Mönchssittiche deren Nähe suchen, um ihre Nester vor Raubvögeln zu schützen.

Untermiete auf dem Land

Für die Untersuchung erfasste ein Forschungsteam um Dailos Hernández-Brito und Martina Carrete mehr als 900 Nester von Mönchssittichen in Madrid und der ländlichen Umgebung. Dabei zählten die Forscher*innen nur 34 Nester außerhalb des Stadtgebiets. Gleichzeitig fanden sie dort wesentlich mehr Nester von Raubvögeln als innerhalb der Stadtgrenzen. Daraus lässt sich schließen, dass die Sittiche den ländlichen Lebensraum meiden, weil sie dort mehr Fressfeinde zu fürchten haben.

Die Mönchsittiche, die trotz der höheren Gefahr die außerstädtischen Gebiete besiedelten, bevorzugten außergewöhnliche Nistplätze: Mehr als 70 Prozent ihrer Nester waren in den Rand von teils riesigen Storchennestern eingebaut. Innerhalb der Stadtgrenzen war nur etwa ein Prozent der Sittichnester in das von Störchen integriert. Wie kommt es zu diesen engen Nachbarschaften im ländlichen Lebensraum? Die ansässigen Raubvögel sind deutlich kleiner als die ausgewachsenen Störche und halten sich deshalb zumeist von deren Nestern fern. Somit haben die Sittiche offenbar eine gewiefte Strategie entwickelt, um ihre Nester im ländlichen Lebensraum vor Raubfeinden zu schützen.

Mönchssittiche nisten als Untermieter in einem Storchennest
Mönchssittiche nisten als Untermieter in einem Storchennest (Foto: D. Hernandez-Brito, aus Hernandez-Brito et al. 2020, Lizenz:  CC BY 4.0, zugeschnitten)

Wirksamer Schutz

Der Schutz durch die Storchennester beeinflusste auch das Verhalten der Mönchssittiche in Gefahrensituationen. Die Wissenschaftler*innen beobachteten die Reaktion der Tiere, wenn sich ein Raubvogel ihrem Nest näherte. Im städtischen Gebiet fiel sie einheitlich aus: Alle Sittiche flohen vor dem nahenden Feind. Im ländlichen Lebensraum hing die Reaktion entscheidend von der Nachbarschaft ab. Nisteten die Sittiche nicht in unmittelbarer Nähe zu Störchen, flohen sie ebenfalls ausnahmslos vor den Raubvögeln. Lebten sie allerdings als Untermieter in einem Storchennest, flohen sie lediglich in fünf Prozent der beobachteten Fälle. Mehr noch: In einzelnen Fällen attackierten sie den Raubvogel sogar.

Eine weitere Beobachtung spricht für die Schutzfunktion der Störche. Die Forscher*innen spürten die Sittichnester in zwei aufeinanderfolgenden Jahren auf. Im städtischen Gebiet war jedes Nest auch im Folgejahr erneut besetzt. Im Gegensatz dazu war im ländlichen Gebiet beinahe jedes zweite Nest im folgenden Jahr unbewohnt. Der häufigste Grund dafür: Hatten Störche ihr Nest aufgegeben, kehrten auch ihre Untermieter nicht wieder dorthin zurück.

Fazit

Die Ergebnisse legen nahe, dass Mönchssittiche in unmittelbarer Nähe zu Störchen nisten, um ihre Nester vor Raubfeinden zu schützen. Dies scheint es ihnen zu ermöglichen, zunehmend aus städtischen Gebieten in ländliche Lebensräume fernab ihres ursprünglichen Verbreitungsgebiets vorzudringen. So geschickt diese Taktik sein mag: Nicht wenige eingebrachte Arten gefährden den Bestand einheimischer Arten, weil sie beispielsweise Krankheitserreger einschleppen oder Nahrungsnetze empfindlich stören. Die Ausbreitung der Mönchssittiche könnte das Ökosystem in den neueroberten Gebieten somit erheblich aus dem Gleichgewicht bringen. Ein Grund mehr, dieses Phänomen mit wachsamen Augen zu verfolgen.


Zur Fach-Publikation:
Hernández-Brito, D.; Blanco, G.; Tella, J. L. & Carrete, M. (2020): A protective nesting association with native species counteracts biotic resistance for the spread of an invasive parakeet from urban into rural habitats. Frontiers in Zoology 17: 13.

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