Riesenschildkröten sind nicht gerade für rasante Bewegungen bekannt. Umso mehr überrascht, was Forschende in einer aktuellen Studie berichten: Auf einer Seychellen-Insel machen die behäbigen Giganten Jagd auf aus dem Nest gefallene Jungvögel – langsam, aber äußerst zielstrebig.
Aldabra-Riesenschildkröten (Aldabrachelys gigantea) ernähren sich zwar wie andere Landschildkröten vorwiegend vegetarisch. Allerdings verzehren sie ab und an auch tierische Kost in Form von Aas. Beobachtungen der Forschenden Anna Zora und Justin Gerlach zeigen nun erstmals, dass manche der Reptilien auch vor lebender Beute nicht Halt machen.
Jagd unter Vogelnestern
Auf der Seychellen-Insel Frégate brüten tausende Schlankschnabelnoddis (Anous tenuirostris). Ihre Nester befinden sich in Bäumen – doch es kommt nicht selten vor, dass ein Küken auf den Boden fällt. Dort wissen die Riesenschildkröten offenbar ihre Chance zu nutzen, wie Filmaufnahmen der Forschenden eindrucksvoll belegen. Das Video zeigt, wie sich eine etwa 50 cm lange weibliche Schildkröte einem aus dem Nest gefallenen Noddiküken nähert, das auf einem liegenden Baumstamm sitzt. Der Jungvogel weicht immer weiter vor dem beharrlichen Reptil zurück und wehrt sich energisch mit Schnabelhieben. Als er das Ende des Stamms erreicht hat, bleibt er jedoch sitzen – und die Schildkröte tötet ihn mit einem Biss. Die Forschenden berichten, dass sie den Körper des Kükens anschließend aufsammelte und herunterschluckte.
Fazit
Zwar handelt es sich bei der Szene im Video um die einzige dokumentierte erfolgreiche Jagd einer Riesenschildkröte auf ein Vogelküken. Die Forschenden gehen aber auf der Grundlage weiterer Beobachtungen davon aus, dass dieses erstaunliche Verhalten auf Frégate kein Einzelfall ist. Das hängt vermutlich mit den besonderen ökologischen Bedingungen vor Ort zusammen: Die 10.000 Nester zählende Brutkolonie der Schlankschnabelnoddis umfasst ein Gebiet, das mit 1,9 Hektar nur ungefähr so groß ist wie drei Fußballfelder. Entsprechend finden sich dort auf einer relativ kleinen Fläche etliche heruntergefallene Küken – die selbst für die äußerst langsamen Jäger leicht zu erbeuten sind.
Zur Fach-Publikation:
Zora, A. & Gerlach, J. (2021): Giant tortoises hunt and consume birds. Current Biology 31.
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