Rötelsperlinge schützen ihren Nachwuchs mit Heilkraut vor Parasiten

Rötelsperlinge tragen die Blätter eines Heilkrauts in ihre Nester. Eine aktuelle Studie zeigt, dass dadurch die Zahl der parasitischen Milben im Nest sinkt – und die darin heranwachsenden Jungvögel mehr Gewicht zulegen.

von Niklas Kästner

Rötelsperlinge in China verwenden Beifußblätter gegen Parasiten im Nest
Ein Rötelsperling (Foto: Alpsdake via Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 3.0, zugeschnitten)

In China ist es Brauch, sich während des jährlichen Drachenbootfestes Blätter des Verlotschen Beifußes (Artemisia verlotiorum) an die Tür zu hängen. Die Pflanze hat den Ruf, vor Krankheiten zu schützen – und tatsächlich ist zumindest eine antiparasitische Wirkung nachgewiesen.

Diese medizinische Kraft des Beifußes kennen anscheinend auch die Rötelsperlinge (Passer cinnamomeus): Die in Asien verbreiteten Vögel bringen seine Blätter in ihre Nester. Eine aktuelle Studie zeigt, dass sie ihren Nachwuchs dadurch effektiv vor Parasiten schützen.

Rötelsperlinge bevorzugen Nistkästen mit Beifußblättern

Ein Forschungsteam um Canchao Yang und William Feeney nahm den Beifußeinsatz der Rötelsperlinge genauer unter die Lupe. Zunächst untersuchten die Wissenschaftler*innen, ob die Vögel Nistplätze bevorzugen, die bereits Beifuß enthalten. Dazu verteilten sie 48 Nistkästenpaare im Verbreitungsgebiet der Sperlinge und versahen jeweils einen der beiden Kästen mit 5 g Beifußblättern. Das Ergebnis: Die Vögel wählten deutlich häufiger den Nistkasten mit dem Heilkraut.

Rötelsperlinge dosieren den Beifußnachschub

Während der Brutzeit brachten die Rötelsperlinge immer wieder neue Blätter des Heilkrauts in die Nistkästen. Die Forscher*innen überprüften, ob die Vögel den Beifußnachschub der Menge an bereits vorhandenen Blättern im Nest anpassten. Dazu bestückten sie einen Teil der bezogenen Nistkästen täglich mit einigen Beifußblättern. Das hatte zur Folge, dass die Rötelsperlinge, die in diesen Kästen brüteten, selbst wesentlich weniger des Heilkrauts hineintrugen. Sie schienen den Beifußnachschun also tatsächlich zu dosieren.

Beifußblätter schützen den Nachwuchs der Rötelsperlinge vor Parasiten

Aber war die „Behandlung“ mit dem Beifuß tatsächlich wirksam? Um das zu überprüfen, entfernten die Wissenschaftler*innen aus 12 Nistkästen täglich sämtliche Beifußblätter. Bei 13 anderen Nistkästen fügten sie hingegen täglich 0,5 g Blätter hinzu.

Das Ergebnis war beeindruckend: Am elften Tag nach dem Schlüpfen der Jungvögel zählten die Forscher*innen in Nestern ohne Beifuß im Schnitt mehr als dreimal so viele Milben wie in denen mit Beifuß. Davon schienen die Jungvögel erheblich zu profitieren: Der Nachwuchs aus diesen Nestern war durchschnittlich etwa 10 g schwerer.

Fazit

Die Studie lässt den Schluss zu, dass die Rötelsperlinge Beifußblätter in ihre Nester tragen, um die Parasitenlast ihres Nachwuchses zu senken. Aber: Das bedeutet nicht, dass die Vögel auch „wissen, was sie tun“. Wesentlich wahrscheinlicher ist, dass es sich um ein instinktives Verhalten handelt, das sich bei dieser Art entwickelt hat, weil es den Fortpflanzungserfolg erhöht. Das allein ist allerdings schon ziemlich beeindruckend.


Zur Fach-Publikation:
Canchao, Y.; Ye, P.; Huo, J.; Møller, A. P.; Liang, W. & Feeney, W. E. (2020): Sparrows use a medicinal herb to defend against parasites and increase offspring condition. Current Biology 30: R1-R3.

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