Kreuzt ein Bach den Verlauf einer Straße, wird er häufig durch einen Tunnel unter dieser hindurchgeführt. In Nordamerika kann eine solche Engstelle wandernden Heringen zum Verhängnis werden: die ortsfremden Fische gehen dort Schnappschildkröten in die Falle.
Die Schnappschildkröte (Chelydra serpentina) ist auf dem nordamerikanischen Kontinent weit verbreitet. Sie ist eine Ansitzjägerin und schnappt aus einer Lauerstellung heraus nach vorbeischwimmender Beute. Einer aktuellen Studie zufolge machen manche Exemplare sich dabei enge Tunnel zunutze, in denen Bäche unter Straßen hergeführt werden. Heringe (Alosa spec.), die zum Laichen den Bach hinaufschwimmen, werden für sie dort zu leichter Beute.
Die Studie
Die Forscher Derrick Alcott, Michael Long und Theodore Castro-Santos filmten in Massachusetts das Innere eines Tunnels, durch den ein Bach geleitet wurde. Dieser hatte eine Länge von 4,3 Metern und einen Durchmesser von 73 Zentimetern. Anhand der Videoaufnahmen konnte das Team beobachten, ob Schnappschildkröten den Tunnel für die Jagd nutzten und wie die im Bach schwimmenden Fische auf die mögliche Gefahr reagierte.
Das Ergebnis ist beeindruckend: Während gut 34 der insgesamt gefilmten 115 Stunden befand sich mindestens eine Schnappschildkröte im Tunnel – manchmal waren es sogar zwei. In dieser Zeit beobachtete das Team insgesamt 118 Attacken auf vorbeischwimmende Fische. Auffallend dabei: Die Angriffe galten ausnahmslos Heringen, die nicht dauerhaft im Bach lebten, sondern ihn lediglich auf ihren Wanderungen durchschwammen. Während sich ansässige Fische bei Anwesenheit einer Schildkröte nah an den Tunnelwänden bewegten, veränderten die ortsfremden Durchzügler ihre Bahn kaum – und gingen der Jägerin so häufig in die Falle.
Fazit
Des einen Freud, des anderen Leid: Während der Tunnel für die Schildkröten eine Möglichkeit bietet, leichte Beute zu machen, wird er für die ahnungslosen Heringe zur Falle. Dadurch wird die an Hindernissen sowieso nicht arme Wanderung der Fische zu ihren Laichgründen zusätzlich erschwert. Die Wissenschaftler betonen: Beim Planen von Passagen für Fließgewässer sollte die zusätzliche Gefahr durch Fressfeinde, die an den entstehenden Engstellen lauern, bedacht werden.
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