Freilaufende Hauskatzen erbeuten beträchtliche Zahlen wildlebender Tiere. Die Ergebnisse einer aktuellen Studie legen nahe: Wer seine Katze mit besonders fleischhaltiger Nahrung versorgt oder täglich mit ihr spielt, kann ihren Jagdtrieb bremsen.
Hauskatzen sind ausgezeichnete Jägerinnen. Wenn sie im Freien unterwegs sind, macht sie das in vielen Gebieten zu einer ernsthaften Bedrohung für Wildtiere. Um diese zu schützen, versehen manche Katzenhalter*innen ihre Tiere mit einem auffälligen Stoffkragen oder einem Glöckchen am Halsband – mit dem Ziel, ihnen die Jagd zu erschweren. Ein Forschungsteam um Martina Cecchetti und Robbie McDonald untersuchte den Erfolg dieser Maßnahmen und weiterer neuartiger Ansätze. Dabei kam heraus: Wenn Halter*innen ihren Katzen besonders fleischhaltige Nahrung auftischten oder täglich mit ihnen spielten, brachten diese wesentlich weniger Beutetiere nach Hause.
Die Studie
Das Team begleitete 219 englische Haushalte mit insgesamt 355 männlichen und weiblichen Katzen. Angeleitet durch die Forschenden verfolgten die Halter*innen dabei jeweils einen bestimmten Ansatz: Manche Katzen trugen dauerhaft einen kommerziell vertriebenen Kragen in bunten Farben (Birdsbesafe) oder ein Glöckchen. Andere erhielten ausschließlich getreidefreies Futter mit hohem Fleischanteil zu fressen. In weiteren Haushalten verwendeten die Halter*innen handelsübliches Katzenspielzeug (eine „Katzenangel“ und eine Spielzeugmaus), um täglich 5–10 Minuten mit ihren Tieren zu spielen. Für die Katzen in einer zusätzlichen Kontrollgruppe änderte sich dagegen nichts. Vor Beginn und während der Maßnahmen dokumentierten alle Halter*innen für mehrere Wochen, wie viele Beutetiere ihre Katzen nach Hause brachten.
Die Ergebnisse
Ein Glöckchen beeinflusste nicht, wie viele Tiere die Katzen erbeuteten. Trugen sie hingegen den auffälligen Kragen, beeinträchtigte das ihren Jagderfolg bei Vögeln erheblich: Gemessen an der Kontrollgruppe und den Vorbeobachtungen brachten sie durchschnittlich 42 Prozent weniger gefiederte Beute nach Hause. Säugetiere, die auf dem Speiseplan von Katzen stehen, profitierten von dieser Maßnahme jedoch nicht. Das liegt vermutlich daran, dass die meisten von ihnen nur bedingt auf ihren Sehsinn setzen, um Fressfeinde zu entdecken.
Auch regelmäßiges Spielen führte dazu, dass die Katzen weniger tote Tiere nach Hause brachten. Vermutlich senkte die spielerische Beschäftigung ihre Motivation, auf Beutefang zu gehen. Allerdings betraf diese Maßnahme nur Säugetiere – von denen die Katzen 35 Prozent weniger erbeuteten. Für Vögel hatte sie dagegen keine Auswirkungen.
Am umfassendsten wirkte die Nahrungsumstellung: Katzen mit besonders fleischhaltigen Mahlzeiten brachten 33 Prozent weniger Säugetiere und 44 Prozent weniger Vögel nach Hause. Das könnte darauf hindeuten, dass es den Tieren an bestimmten Nährstoffen mangelte – was wiederum ihren Jagdtrieb weckte.
Fazit
Die Studie liefert wichtige Erkenntnisse, die Hauskatzen und wildlebenden Beutetieren gleichermaßen zugutekommen könnten: Offenbar kann es ausreichen, bestimmte Bedürfnisse der Katzen zu erfüllen, um sie zumindest teilweise vom Jagen wildlebender Tiere abzubringen.
Wie die Autor*innen selbst anmerken, sind die Ergebnisse allerdings mit einem kleinen Fragezeichen zu versehen. Denn Katzen bringen längst nicht alle erbeuteten Tiere nach Hause. Entsprechend könnten die vermeintlich erfolgreichen Maßnahmen lediglich dafür gesorgt haben, dass die Katzen weniger ihrer Beute mitbrachten – und dennoch unvermindert Tiere töteten. Auch wenn diese Möglichkeit wenig plausibel erscheint: Ganz ausschließen lässt sie sich nur durch gezieltere Untersuchungen.
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Jagdtrieb? Ernsthaft Triebtheorie, im Jahr 2021. 🤔 Wie wäre es mit Motivation, Verhalten, Handlungsbereitschaft, gibt doch bessere Bezeichnungen.
Grüsse B
Liebe*r B,
danke für Ihren Kommentar! Natürlich ist die Extremposition mancher Vertreter der „Instinktlehre“, dass nahezu alles Verhalten von Tieren angeboren ist, überholt – ebenso die Extremposition mancher Behavioristen, dass nahezu alles Verhalten von Tieren erlernt ist. Unser Bild ist heute differenzierter – wir wissen, dass es sowohl erlerntes als auch angeborenes Verhalten gibt und das letzteres durch Erfahrungen modifiziert werden kann.
Das bedeutet aber nicht, dass es keine angeborenen Verhaltenstendenzen gibt, die sich durch eine extrem hohe Motivation äußern, das entsprechende Verhalten auszuführen – dazu gehört zum Beispiel das Jagdverhalten bei Katzen. Ob man das Trieb, Instinkt oder Motivation nennt, macht für uns keinen Unterschied – wir glauben nicht, dass sich ein falsches Verständnis des Tierverhaltens dadurch ändern lässt, dass man einen Begriff durch einen anderen austauscht.
Herzliche Grüße,
Niklas Kästner